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Träumen in Zeiten von Corona
  • Visier

Gute Nacht, Corona

  • 1. September 2020
  • Katrin Griebenow
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Ich laufe durch die Straßen meines 4.500 Einwohner*innen starken Heimatdorfes, das erstaunlich urbane Züge angenommen hat.  Zu meinen Füßen flattern regenbogenfarbene Tauben und riesige Wolkenkratzer ragen in die Luft. Auf den neunspurigen Straßen fahren allerdings keine Autos, sondern ausschließlich gelbe Trecker, die die monatliche Litschiernte abtransportieren. Ich hüpfe über ein Stoppelfeld und betrete eine U-Bahn-Station. Sie ist voller Menschen, die etwas glasig dreinschauen. Ich steige in die Bahn nach Stockholm (??) und die Türen schließen sich. Plötzlich fühle ich mich beobachtet, angestarrt, eine junge Frau gafft in mein Gesicht und beginnt, mich auf Pfälzisch anzuschreien.

Und dann fällt mir auf, dass ich keine Maske trage.

Es ist, als würde ich nackt dastehen, jemand wirft mit einer Ananas nach mir, ich versuche, mit meinem T-Shirt Mund und Nase zu bedecken, aber es funktioniert nicht, es rutscht mir immer wieder aus der Hand. Verzweifelt suche ich nach einer Tür, aber die Bahn hält nicht an, im Gegenteil: Sie wird immer schneller und schneller und-

Ich wache auf.

Verdammter Corona-Alptraum.

Es ist wirklich faszinierend und verstörend zugleich, wie sehr sich die Pandemie in mein Unterbewusstsein gefressen hat. Neulich habe ich mal wieder High School Musical geschaut (please dont judge me) und als bei „Stick to the Status Quo“ alle 100 Schüler*innen drinnen in der Mensa ohne Maske und ohne jeden Abstand über die Tische gesprungen sind – da war der erste Gedanke, der durch meinen Kopf schoss nicht „Fantastisches Lied“ oder „Maaan warum können die alle tanzen und ich nicht“ oder „Gibt es bei Telegram ein Sharpay-Stickerset?“ (Gibt es tatsächlich nicht. Voll die Marktlücke), sondern:

OMG Pandemie, Leute!!!! So geht das hier doch nicht…

Mit Corona hat außerdem mein Hypochondrismus völlig neue Ausmaße erreicht. So habe ich mir etwa angewöhnt, jedes Mal, wenn ich glaube, Halskratzen, Kopfschmerzen, usw. zu haben, an meinem Biomüll zu riechen, um abzuchecken, ob ich den wohligen Duft von Bananenschalen noch wahrnehmen kann. Leider (oder zum Glück?) ja.

Aber zugegebenermaßen macht die Pandemie mich auf ganz neue Arten kreativ. Neulich haben wir in der WG zwei Stunden damit verbracht, uns Trinkspiele für 10 Personen auf Abstand und draußen auszudenken, bei denen jede*r aus seinem*ihren eigenen Getränk trinkt. Unsere Empfehlung: Stopptanz.

Außerdem: Wie lange dauert es noch, bis sämtliche sogenannten Frauenmagazine das Thema „Maske“ für sich nutzen. Ich sehe die Schlagzeilen BILDlich vor mir:

„Spar-Tipp: Jetzt brauchst du nur noch das halbe Gesicht schminken!“

„So signalisierst du ihm, dass du unter deiner Maske die Zunge rausstreckst“

„Barbara Schöneberger trägt die neue Mund-Nase-Bedeckung von *fancy designer label*“

Apropos Mund-Nase-Bedeckung. Ist eigentlich außer mir noch jemandem aufgefallen, dass wir im April noch alle panisch über die Mundschutz-Pflicht debattiert haben? Als wir dann leider feststellen mussten, dass Mundschutz offenbar ein vielfach missverstandenes Wort ist, weil aller Leute Riechzinken noch aus dem Stofflappen hängt, wurde in den Medien innerhalb von zwei Wochen nur noch von der Mund-Nase-Bedeckung gesprochen. Da steckt bestimmt die Deutschland GmbH dahinter.

Corona-Alpträume hin oder her, wenn ich in diesen Tagen nach Berlin schaue, fühle ich mich gar nicht mehr so von Wahnsinn ergriffen. Immerhin wickele ich nicht mein Handy in Alufolie, weil irgendein dahergelaufener Sänger, der es geschafft hat, bei RTL gefeuert zu werden (Respekt nochmal dafür), sagt: Macht mal, liebe Freunde, ist ne total sinnvolle Sache!

Ich wette 10 Euro darauf, dass er diesen ganzen Alu-Quatsch auch nur gesagt hat, weil Attila Hildmann noch einen Werbevertrag mit der letzten Aluminiumverhüttung im Ruhrpott hat. Wahrscheinlich aus der Zeit, als er noch richtig gekocht hat und nicht nur vor Wut.

Vielleicht hat mir die 5G-Strahlung das Hirn schon zu Brei zerkocht, aber ich finde meine eigene Pandemie-Paranoia wesentlich besser als diesen Traumfänger-trifft-Reichskriegsflaggen-Zirkus. In diesem Sinne – bleib gesund, bleib zu Hause und falls du, liebe Leser*in zufällig weißt, wie man bei Telegram eigene Stickersets erstellt, melde dich bitte bei mir!

Bild mit freundlicher Genehmigung von Katrin Griebenow | Pfeil und Bogen
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Katrin Griebenow

*1998 studiert seit 2018 Kulturwissenschaften mit den Schwerpunkten Literatur und Medien. Schreibt auf Hoch- und Plattdeutsch und hat bereits einige Kurzprosatexte veröffentlicht. Erkennt außerdem Vögel am Gesang und kann das Alphabet rückwärts aufsagen.

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