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Ada Dorian: Betrunkene Bäume

  • 24. Februar 2017
  • Jessica Maier and Merle Linn Florek
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Alles, was man im Leben gelernt hat, alles was man weiß und kann, tut nichts mehr zur Sache. Stärker sein. Der alte Greis wird zum hilflosen Kind, man traut ihm nichts mehr zu. Vernachlässigt. Aufgepasst, sonst tut er sich noch weh. Hin und hergerissen. Ein glasiger Blick, die Welt um einen herum hängt in waberndem Schleier. Er hält fest, an dem was war. Weiße Rinde mit schwarzen Borkenflecken. Verbreitet in Europa, dem Kaukasus und in Sibirien. Eigenständig sein. Eh man sich’s versieht, verliert man den Boden unter den Füßen. Entwurzelte Bäume.

»Ein Areal, das immer noch groß genug schien, um darin für immer verloren zu gehen« durchwandert Erich in Ada Dorians Roman Betrunkene Bäume. Ist es wirklich Landschaft, in der Erik sich verirrt, oder sehen wir ihm bei der Migration in sein Inneres zu? Als die Erinnerungen an Russland schon lange zurückliegen, lernt er die jüngere Katharina kennen. Sie hat ihre auseinanderbrechende Familie verlassen. In Berlin ringen beide mit dem Eingeständnis, dass sie, auf unterschiedliche Arten, Hilfe brauchen.

Zwei Narrative von menschlichem Umgang mit Vergangenheit entfalten sich. Die Vorgeschichte gewinnt allmählich Kontur. In Rückblenden, die in Richtung Ende mehr Raum einnehmen. Erich findet sich dabei immer wieder: in der Taiga. Russland als Schauplatz kommt selten ohne die obligatorischen Haudegen daher. Tatsächlich treffen wir auch bei Dorian den Typ abgebrühten Einheimischen, dem Fremde ihr Leben und Geld in diejenige Hand legen, die nicht schon ein billiges Genussmittel schwenkt. Aber: Sobald man bei einem von Dorians Russen allzu sehr den Verdacht schöpft, das er gerade aus einem vintage-Bondfilm herübergewandert ist, findet man sich plötzlich in seinen Schuhen wieder: Die Perspektive wechselt vereinzelt von Erich zu seinem Gegenüber und »Kälte« wird zu »Ehrgeiz«. Zu einer mühsam erlernten Notwendigkeit.

»Kälte« wird zu »Ehrgeiz«. Zu einer mühsam erlernten Notwendigkeit.

Diese seltenen Exkursionen in fremde Köpfe geschehen, wie alles in diesem Roman, mit Schubkraft in der Sprache. Geständnisse, die einander verweigert werden und die sich trotzdem offenbaren, in zärtlicher aber aufmerksamer Klarheit eingefangen. Die beiden Hauptcharaktere beobachten sich selbst, wie das eigene Leben auf einmal außerhalb von ihnen ist, als Pflanzenreste im Raum verteilt. Wie auf die Jahresringe eines Abgesägten alten Baumes blickt man auf Erichs Geschichte und fragt sich, ob da wirklich schon alles versteinert ist, ob noch Harz blutet.

Manchmal nur wird uns doch eine Kleinigkeit über die Bedeutung der »Essensreste am Bademantel« erklärt. Wenn die »verdorbene Kaffeesahne» aus dem »unteren Kühlschrankfach« geholt wird können wir das als kruden Naturalismus abstempeln? Oder ist es einfühlsame Bestandaufnahme eines Seelenzustands, der mehr und mehr vom Alltagsumfeld abhängt, in den Details seiner Routinen gerinnt? Es wird in der dritten Person erzählt, die Syntax ist knapp, deduktiv.

Freundschaft sells. Aber weder Tschick noch Tigermilch ließen uns eine Bindung zwischen zwei Menschen mit Altersunterschied und derart verschiedenen Biografien miterleben. Am ehesten denken wir noch an »Fegefeuer« der Estnisch-Finnischen Sofi Oksanen: Gegensätzliche Freunde mit Generationenabstand und bedrohlichem Geheimnis. So stark mit politischen Themen aufgeladen, wie bei Oksanen sind die zwei Schicksale in Betrunkene Bäume nicht. Es lockt uns auch ohne Kriegslärm im Hintergrund zum Blick ins Verborgene, auf das nächste Püppchen im inneren der Matrjoschka. Fast jeder Satz birgt Geister, zeigt Settings, die noch vergangene Formen in sich enthalten, neu angebrachte Klinken, überstrichene Schrift. Bartschatten aus Geschichten, die weiterwachsen.

Ada Dorian: Betrunkene Bäume, Ullstein Verlag 2017. 272 Seiten

Bild mit freundlicher Genehmigung von Ullstein Verlag
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