XIV.
Friederike Mayröcker: Zwei Gedichte
Mayröckers Texte sind in nicer authentisch-tintiger Maschinentippschrift abgedruckt, vielleicht hat sie die auch so eingereicht. Seite 83: “seien sie schwulenpärchen?” – Meint sie an der Stelle auch Schwalben, um die es gerade geht, also queere Schwalben? Das wär legit. Aber so richtig überzeugen mich die Text auch nicht, jedoch visuell & formal liest es sich gut.
XV.
Kornelia Koepsell: Gedichte
Nett sind die Gedichte von Kornelia Koepsell.
Ich seufze laut beim Lesen, ich will der Zeitschrift halt eigentlich nichts Böses und ich mag es nicht, was Negatives zu schreiben – vllt kürze ich das alles noch raus, aber warum, nur weil es zu lang ist? Vllt auch nicht. Die Gedichte beinhalten leider nicht wirklich Zeilen, die ich länger im Kopf behalte – Doch: „Ich, die Lichtjahre fern, um sie kreise, begreife / nur die bange Vergeblichkeit / unsrer Körper im leeren All“ (S. 86) sowie „das Herz wohnt in den Schuhen“ (S. 87). (Ich freu mich halt auch immer wie Bolle (Wer oder was ist eigentlich Bolle? Holle? Wolle?), wenn das Universum/All als Referenz auftaucht, das ist 1 kleine Schwäche von mir, wie so viele andere Schwächen.) Oh S. 88 mündet in die verstorbene Schwester des lyrischen Ichs, sad.
Anmerkung 6: Wenn zukünftige old peeps (so Menschen in meinem Alter+-) sehr diskriminierungssensibel sind, wird es dann wieder eine dagegen rebellierende Jugend geben? Das wäre schrecklich.
XVI.
Helwig Brunner: bauteile für sprengsätze. gedichte
Die Gedichte von Brunner sind echt stark! Rhythmisch & sehr passend eingefügte Wortspiele, die muss ich sogar laut lesen, weil die so klingen. (Was ist eine „Pönale“? S. 89) Hab beim Lesen sogar Spaß gerade, nicht schlecht. Das Anthropozän taucht auf; das hier sind bisher die heutigsten Texte dieser Zeitschrift, hab ich den Eindruck. Ein toller Sog! Und ich liebe Zeile 1f auf Seite 92: „wenn wieder einmal jemand dein gesicht mit dir verwechselt, fühlst du dich ertappt in deiner kruden lust, ein anderer zu sein.“ (Auch wenn sie nicht ganz so genderneutral sind wie es wünschenswert wäre.)
Anmerkung 7: Btw sind die als sog. „männlich“ und „weiblich“ gelesenen Namen dieser manuskripte ziemlich ausgeglichen, das ist bemerkenswert. Wie ist das Alter der Beitragenden?
Anmerkung 8: Vllt gebe ich einfach nur jedem Text eine Auszeichnung für etwas Positives oder Negatives und das war’s, dann muss ich nicht so viel schreiben?
Anmerkung 9: Sorry btw schon mal, wenn von den hier publizierten Menschen welche fellow enbies sein sollten und ich nach so einem „männlich“-“weiblich“-Ausgleich frage, voll dumm eigentlich unter dem Aspekt.
Anmerkung 10: Vllt hätte die Zeitung umsortiert werden sollen, Genreeinteilungen sind ja eh iwie schwierig. Dann hätte nicht erst so viel Prosa stattfinden müssen.
XVII.
Max Höfler: HOCHLEISTUNGSGEDICHTE
O GOD ICH LIEBE DEN GEDICHTBAND (JA ES SEI LAUT DEN VORANGESTELLTEN ANWEISUNGEN VOR INBETRIEBNAHME EIN GANZER GEDICHTBAND, DER HIER ABGEDRUCKT IST) VON MAX HÖFLER!!! ES IST SO TRASHIG & ABSURD & HAT BILDER(!) & FORM & 1 NICES KONZEPT (& die Bilder sind auch irgendwie ambivalent) ♡♡♡♡
– SO VIELE ZITATE, die ich daraus mitnehmen könnte! Z.B. S. 97: „In diesem Gedicht habe ich den Geschirrspüler ganz alleine ausgeräumt“, gefolgt von: „In diesem Gedicht schleudert mich ein Schlangenbus derart gegen einen Ampelpfosten, dass mein Kopf aufplatzt und ein zufällig vorbeikommender Hund mein gesamtes Gehirn frisst“ oder „In diesem Gedicht kann ich es mir leisten, beim Anblick eines seltenen Schmetterlings zu weinen“.
(Google sagt, Max Höfler sei 128 Jahre alt lol.)
XVIII.
Gerald Fiebig: weiß
weiß hat auf S. 101 ziemlich cringy-kitschige Stellen, außerdem sind die Wörter „weiß & rein“ zusammen grundsätzlich oft eine ungünstige Konstellation. Andere Gedichtteile sind total rhythmisch-saugend, da geh ich voll mit. Und ich checke erst bei iii, dass die erste Zeile des Teiles stets die selbe wie die letzte des vorherigen Teiles ist. Ich mag es total, wie diese Lyrik auch explizit vergleichsweise aktuellere Diskurse einbezieht wie „die tagebauten fressen die häuser“ (S. 104). Unschön hingegen „weiß wie das fett an den schweinespeckwammen, / bei deren anblick jede frau sich zu dickleibig fühlt“ (S. 104), was sehr stereotyp und aus verschiedenen Gründen #problematic ist. Auf Seite 105 weiter unten mag ich die postkolonialen Motive der Weißen* als gatekeepers. Hingegen irritiert mich der Ausdruck „perverser zwitter“ als Bezeichnung des Sozialstaates (S. 106), wenn auch hoffentlich nicht mit der biologischen Wortverwendung gemeint, sollte dennoch beim Schreiben mit reflektiert werden. Teil xv des Gedichtes find ich mega, weil der aus all diesen ersten Zeilen der vorherigen Teile besteht – vielleicht war dies auch der Ausgangspunkt für alle anderen, who knows.
XIX.
akim a.j. willems: Stillstadt (Population: 333)
akim a.j. willems nutzt viele schöne Wörter (bzw dann wohl auch Leen Pil, die den Text übersetzte), das les ich total gern, aber was soll „mädchenhaut“ (S. 108) sein?
XX.
Ann Kathrin Ast: (vibrieren in dem wir
Ann Kathrin Asts lyrische Fragmente sind ganz ganz stark und dicht und toll. Und sie erinnern mich total an die Lyrik von Nora Hofmann. Hab ich wirklich nix dran auszusetzen, alles on point. „wenn nicht in dem raum etwas liegt wenn / der raum selbst etwas ist eine aufspannung / die mir sagt dass du eben dort standest jetzt / verwischt wenn dieses zwischen uns liegende / trennt uns bindet: eigensein des raums? sie / klebt diese überschüssige leere die dingen / die sie durchkämmen schwere gibt / du: aus / dem sträuben dem wider entsteht mein gewicht“ (S. 110). (darf ich eig. so enjambements als / selbst setzen, weil zitat? mach’s jetzt einfach. teils sind sie halt im text drin, teils sind es wirkliche umbrüche.) Seite 112 heißt es an einer Stelle „sich / prischen“ – vllt ein Tippfehler im Sinne von pirschen, vllt auch nicht.
XXI.
Hans Thill: Gedichte
Als ich die Gedichte von Hans Thill lese, überlege ich, ob Texte von als „männlich“ gelesenen Menschen eigentlich auch verstärkt Bezüge zu Texten anderer als „männlich“ gelesener haben und so weiter? Ich glaub ich hab dazu sogar im Unikontext neulich irgendwas zu gelesen. Voll interessant jedenfalls als Überlegung, die manuskripte sind dafür auch ein nicht schlechter Forschungsgegenstand, scheint mir. S. 114 unten war ich schon draußen aus den Texten von ihm, denn dieses Altdeutsch nervt mich total. Die Seiten 117 und 119 sind besonders zu loben, voller sprachlicher Bilder. AH es ist immer zu je 1 Zeile von diesem Ghasel-25-Gedicht von August Graf von Platen. Ähnelt dann aber in der Form ja sehr dem von Gerald Fiebig. Das Ende auf Seite 120 spricht mich an: „Eine Insel wuchs von selbst, verlor alle / Farbe. Das All bleib schwarz, paßte / kaum in eine 3-Zimmer- Wohnung. / Hier lag auf allen Dingen Staub“.
XXII.
Polina Barskova: Drei Gedichte
Was ist eine „Müllhaldenamsel“? (S. 121). „Eine Greisin, geschminkt als Greisin“ (S. 121). Fast schon surreale Beschreibungen, die Barskova da nutzt, das ist ganz nett, weil sonst gibt das erste ihrer Drei Gedichte leider echt nicht viel her. Im zweiten Gedicht geht es um eine Ratte im Haus und im dritten um alte Karten in einer Bibliothek. Ok. Vermutlich klingt es durch die Übersetzung aus dem Russischen von Daniel Jurjew sowieso noch mal anders.
XXIII.
Olga Martynova: Ein Gedicht
Ein Gedicht von Olga Martynova ist anscheinend zu 3 Zitaten, aber inhaltlich nicht so stark und ich finde nicht so den Zugang. Es geht für mich darin um natürliche und einfache Dinge und das Glück dadurch… Wenigstens ist es tatsächlich nicht kitschig, trotz dem es danach klingt.
…schließlich die Essays…