Friederike Mayröcker:
da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete
Wer wie die Fotografin Herlinde Koelbl ein Blick in Friederike Mayröckers Arbeitszimmer geworfen hat, weiß, dass die Autorin Bewohnerin einer Zettelhöhle war. Und nicht nur einer: Sie bezog einfach eine weitere Wohnung, als die erste zu voll wurde. Was sagt das über ihr Schreiben und unser Lesen? Dass wir da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete Stück für Stück lesen müssen? Stück für Stück oder Zettel für Zettel? Dass wir dabei offenbleiben, nichts vollenden, von einem Abschnitt zum nächsten lesen?
»Ich muss hier in Kauf nehmen, dass ich vieles nicht verstehe. Hier ist kein ›Entschlüsselungsfuror‹ möglich.«
Annette Pehnt
Mayröckers Immer-weiter-Schreiben, ihr unendliches Fortsetzen und ihre Scheu vor dem Abschließen fordern uns dazu auf, genauer hinzusehen. Auch ihre Rechtschreibung bleibt konsequent die eigene:
»Weh mir, mein Augé,«
Friederike Mayröcker
Immer wieder entdecken wir zwischen den Worten eine Spur Niedlichkeit: »Ärmelchen«, »Mäulchen«, und wenn es zu gefühlig wird, ein abruptes »usw.«. Mayröcker sagte, ihr Schreiben sei mehr so ein Murmelprozess und in dieses Murmeln mischen sich andere Bücher mit ein. Auch wir geraten beim Lesen langsam in den Sog des Weiterlesens, des Immer-weiter-Lesens, und möchten wieder von vorne beginnen, um diesen Effekt zu wiederholen. Mit diesem ikonischen Sound im Ohr schreiben wir:
Tanja Finke
Aber du bist schon da. In jedem Regentropfen, dem ich ausweiche, den ich suche in der Luft, bevor er fällt. Dabei müsste ich mich einfach nur hinstellen. Warten. Bis da nichts mehr einsickern kann, bis alles nur noch herunterperlt, abperlt, oder nein! Aufgesogen ist – ja aufgeweicht. Bis ich die Nässe nicht mehr spüre, mich nicht mehr spüre. Oder den Unterschied.
Und dann? Auswringen und aufhängen? Oder ein Feuer machen und warten. Oder warten, bis die Sonne kommt. Irgendwann.
Irgendwann. Immer weiter warten, weiterwaten, wie wir durchs Moor gewatet sind, oder durchs Watt. Nein! Über das Moor, über das Watt. Über Böden, die immer nur aufnehmen, immer weiter aufnehmen.
Meine Haut ist kein Asphalt, kein Pflaster mit Lücken, kein Gummideckel, kein Abfluss. Das weißt du, sonst hättest du ja längst aufgehört zu regnen.
Show more +Nina Andresen
Unbändig wiegt sich die Ähre im Wind
Flüstert leise Lieder hoch droben säuselt geschwind
Ein Wolkenmeer das einst getupft ans veilchenblaue Firmament
Einem Gemälde gleich bedrohlich brodelt und brennt
Rauschen schwillt an Blätterwirbel steigen und fallen
Doch bevor die Sinnflut hereinbricht und spricht
gleitet das Auge des Sturms
Über dem verwaisten Gebannten gelblichen Antlitz.
Ein Plätschern vernehmend, ein Rinnsal der Quell’
Das endlos und schnell immer weiter anschwellt
Ein göttlicher Funke die Szene anstrahlt
Ein Pinselstrich zu viel es hat sich ausgemalt.
Die zärtliche Träne kullert am Stiel:
Frei ist der Vogel die Ähre das Licht
Ach Liebste im Ende vergiss du mich nicht.
Bedenke wenn das letzte Licht erlischt
Gewissen nicht mal Exekution entwischt.
Lio Diona
Murmelliteratur
keep it in your pants
keep it in your bubble
wir nennen uns
die Blasensteine
die BUBBLESTONES
oder was sagst du dazu, Jackie?
vielleicht sind BUBBLESTONES
murmeln
wie steinerne blasen
kugeln über Kapplasteine
brechen ein
Bein
zwei Bein
die Verzweiflung trägt drei socken
die Verzweiflung im Mai rocken
Dr. Freue sagt
es ist aus mit dem Lesen
aber das Schreiben darf nie enden
keine Punkte
keine Doppelpunkte
das sind Augén
die ein Komma tränen
siehst du das nicht?
lie(b)st du mich nicht?
und bist du kein bi – Strich?
ein Signal, dass es weitergeht
nie endet
nie den Stift absetzen
ich finde mein Reh nicht
es muss da irgendwo an der Wand hängen
zwischen Kassenbons und Servietten
aus Wiener Restaurants
die nur Rauch und Schnitzel servie(ttier)en
bestelle ich eine Kanne Kaffee
und sag bloß nicht Sahne
sonst lach ich dich aus
das würdest du dich nie Traun
Frau Doktor Freude hat schlechte Nachrichten
es hat sich ausgeschrieben
ich muss sie aus mir sieben
die Blasensteine
die BUBBLESTONES
im Narrentum
es hat sich ausgelesen
aber Tolino schläft noch nicht
und in Platons Zettelhöhlen = ni(cht)s
ich vertrete mir die Beine
und ver(sch)werte meine Schweine
hunde
damals in Bad Ischl hatte ich
dieses zarte Bellen
eine schleppe zum Ballen
meiner Faust
Hortensie
Horten Sie!
hörten sie?
das Einbrechen
in Häuser oder Eis?
das Schlittlaufen
und Bullshitkaufen
Chiara Bovio
Bei Mondschein rausgehen, schlafen kann man ja eh nicht. Bisschen Sterne gucken, bisschen Steine über das Wasser flitschen lassen. Zusehen, wie sich die Ringe formen, langsam verschwinden. Dunkelblau und Dunkelschwarz und vielleicht bisschen Dunkelgrau. Am Morgen dann, alle Farben sehen, die es gibt. Der Sonnenaufgang macht’s möglich. Lilablassblau könnte man sagen. Die Frische, frische Luft unter den Bäumen, die Zehen kalt und rot. Das Leben einfach mal so richtig spüren, Leben und Leben lassen geht nur in der Natur. Alles Andere lässt sich kontrollieren, nicht die Natur. Ich bin eine Naturgewalt, springe vom Stein in die Kälte, denke, ich ersticke gleich und dann, dann kommt das Leben. Durch die Haut, die zu einer festen Wand wird, strahlt Kühle aus, wie neugeboren, wie man so schön sagt. Wann hab ich mich das letzte Mal gespürt? Oder dich? Wer bist du? Spring rein mit mir, werde zur kalten Wand und das Gras pikst auf der nackten Haut. Ein Sommernachtstraum, der aus allen Sommertagen besteht, die wir je gelebt haben, er soll nie zu Ende gehen, ich brauche ihn im Winter, um zu wissen, dass er wiederkommt.
Show more +Lisbeth Leupold
Morgens und moosgrün
Morgens, zwischen drei und vier, hörten wir jemanden einbrechen. Laut klang es und seltsam, es war auch ziemlich nah, es war der erste Tag in der Wohnung, wir wachten auf und schliefen nicht wieder ein. Ich stolperte auf dem Weg in die Küche, mehrmals, einmal stolperte ich, zweimal blieb ich hängen, dreimal stieß ich gegen, bis ich endlich in die Küche kam. Er stand schon längst am Fenster, natürlich, er war schneller und auch nicht gestolpert, da ist doch jemand eingebrochen irgendwo, sagte er und schaute durch die Glasscheibe, stand eine Zeitlang da, moosgrün im Ampellicht, dann gelb, dann rot, zinnoberrot, wie die Kirschen von gestern, ich hatte sie im Ramschladen gekauft und an mein Herz gepresst.
Wir waren grundlos weggefahren und hatten dann diese Wohnung genommen, die uns nicht gefiel, alles war so voll, überall in jedem Raum war alles voll, aber wir waren hier ja nur übergangsweise, nur im Urlaub, Urlaub würde uns guttun, hatte er gesagt und dann waren wir weggefahren, grundlos und ohne Gepäck, nichts hatte ich dabei, nur das Kleid, das von gestern, von vorgestern genaugenommen, ein grün plissiertes Damenkleid mit Mamas Ärmelchen und diesem Fleck nun, seit gestern, zinnoberrot, er ging auch nicht mehr raus, ich hatte es versucht, aber vergebens, wir standen gerade am Fluss und alle Leute schauten. Das soll so, rief er ihnen zu und ihre Blicke brachen ein.
Willst du Tee, fragte er, denn schlafen konnten wir wohl eh nicht mehr, alles hier war so voll und irgendwo war jemand eingebrochen. Ich setzte mich auf den Hocker, den einen, der andere war voll, da standen Teller auf ihm in Türmen, ich musste über sie hinwegsehen und nahm ihm die Tasse ab, einen weißen Plastikbecher, mit Henkel, sagte ich und gab ihm den Becher zurück, er schüttelte den Kopf und der Tee schwappte über am linken Rand, aber ich blieb dabei. Er gab mir einen neuen Tee, einen neuen Plastikbecher, weiß mit Henkel und stellte sich auf die andere Fensterseite, denn sitzen konnte er ja nicht, alles war so voll hier, er lehnte sich an den Fensterrahmen, ein Palmwedel tätschelte ihm die Schulter.
Marius Wiechmann
wovon träumst du
lach doch nicht
wenn du mich schubst
in deinen sommerregen hinein
an uncertain smile
jigsaw falling into place
my bed, my bad
wovon träumst du
wenn du an nichts denkst?
das plätschern
des bodens, des rasens, des wütens
x beinige tische zusammenbrechend
die füsse sanft schneidend
erwidernd anwidernd
schwalben murmeln
den bach herab
unendlich unermüdlich
begehren chromatische fensterscheiben
geschickliche fertigkeiten
das desperate
gegenteil von zärtlichkeiten
Charlotte Palatzky
Erzählte waldwirtschaftlich von den bunten dunklen Farben die wie Bakterien riechen, weil sich im Herbst die Blätter an den Winter abgeben, beachtsam, wie’s unter dem Totholz knattert, flüsterst du an meinem Ohr entlang auf einer Landschaft : schnattern Gänse wie Kohlebagger, tiefe Wunden in Territorien = wirklich riesige Flächen. Ich dachte, wir wären hier in Frieden = Abgeschiedenheit, aber Frieden als Atomismus gibt’s wohl nicht : oder erst danach, situativ sind wir immer irgendwie gebunden : impliziert auch nicht,
meine Gefühle finden von der Kehle bis zum Solarplexus statt, sie waren immerfroh und -traurig wie Gänse, gerade gestreckte Hälse über dem Bodden, Verkettungen, plus : minus : eine Bewegung, wenn ein Tier ausweicht, greifen die anderen nach, Flügel zeichnen nacheinander auseinandergeformte Funktionen aufgrund fester Luft,
mit Uns würde ich, oder hätte, oder wenn überhaupt dann nur, in einem Wald wohnen, nicht einer Maschine, dann wären wir architektonisch frei, müssten nicht das Parkett entfernen, um Samen zu werfen. Was in der Wohnung lebt, ist Staub, mobile Mortalität. Von mir aus um den Wald auch Maschinen aber öko : Dinosaurierimplantate : zum Leben gemacht, ich kann 7 Emotionen gleichzeitig empfinden und keine davon : darf man teilen : bitte nicht : was ganz ist klein machen, oder wieder andersrum, gegenüber wohnt H und ich sehe sie und im Baumhaus oben K und ich winke ihnen und es gibt auch noch mehr, weil kommunal über Pilzgeflechte gebunden wird, hier wird ein Hinweis klopfend übermittelt, der Linie nach, Vogelflug : Saurierflug, = : = = v . H =
Show more +Victoria Helene Bergemann
Nach Abschluss des Projektes »B.« ein Bericht zu dem, was bleibt.
Meine Augen waren offen. Ich habe B. auf der Bühne stehen sehen und ich habe gelacht. Ich habe nie über ihn gelacht, gelacht habe ich dann, wenn er beabsichtigte, uns zum Lachen zu bringen. Über ihn habe ich nie gelacht. B. war ein Freund und was dazu gehört: erzählen, einander oft sehen, am Telefon sein und so weiter. Ich habe B. an folgenden Orten gesehen: Bühne (wechselnde Gebäude, Ortschaften, Rollen), Wohnzimmer (meist B.s höchsteigenes), Allzweckzimmer (1-Zimmer-Wohnung), Straße (wechselnde Stadtteile, Ortschaften, Autos), Hotel (Urlaub), Café (kein bestimmtes), Balkon (zuletzt) und so weiter.
Meine Ohren waren offen. Ich habe B. immer wieder den Witz mit dem Kind auf dem Boden des Sees erzählen hören. Im Allgemeinen kann man sagen, B. ist ein äußerst humorvoller Mensch. Oft habe ich mit ihm gelacht. Ich habe B. an folgenden Orten gehört: Radio (Campus), Sprachnachricht (persönlich), Bühne (wechselnde Vorträge), Telefon (z.T. tägliche Routine), Kopf (Erinnerungen) und so weiter.
Mein Mund war offen. Ich habe B. auch erzählt, wenn es Probleme gab (meine eigenen). B. hat dann häufig Witze gemacht. In der Regel habe ich dann immer wieder gelacht. Ich habe zu B. an folgenden Orten gesprochen: s.o. und so weiter.
Meine Arme waren offen. Ich habe B. viele Male umarmt, sogar noch kurz vor dem Ende. Im Allgemeinen kann man sagen, dass dies so üblich ist, sofern man jemanden als Freund versteht. Die Orte sind bereits genannt.
Zusammengefasst handelt es sich dabei um die hauptsächlichen Regionen, mit denen ich B. in der Regel begegnete und so weiter.
.
Mein Versuch, den Schluss zu fassen, sie endgültig zu schließen, scheiterte bisher.
Erst kürzlich durchgeführte Studien zu B. haben ergeben, dass er sie weiterhin offenhält, allerdings unter Vorbehalt (d.h. er meint es nicht so).
Unter dem Aspekt, dass B. in der Vergangenheit aktiv Dritte dabei unterstützt hat, eine Existenz und Gesundheit (meine, höchsteigen) zu gefährden, ist ein Loch (zerfressen, optisch auffällig) entstanden.
Abschließend kann man sagen, dass eine Freundschaft zu B. nach vielen Jahren (sowie Orten und so weiter) keine Option mehr ist, nachdem die ausschlaggebenden Faktoren, die die Eigenschaften einer Freundschaft ausmachen (Vertrauen und so weiter), nicht länger erfüllt sind.
Leon Lingner
»Wie *jemand* und *etwas* nebeneinander wohnten, sich aber noch nicht kannten«
/Imagine
Zwei in einem Haus, – wie ist das Haus
Zwei in einem Haus, – Zwei, sind wie
Zwei in einem Haus, – sind sie es, nur zwei
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Eine Wolke vor dem Fenster, vor einer Front festgehangen, seit Tagen, und immer gern gesehen – ein Gleis, das singt, und jemand, der sich fragt: »das Gleis oder Nick?«, dann aber weiß, dass es nicht Nick war, wenn Nick singt, weiß man es immer sofort; wenn sein Schatten an dem Milchglas der Tür vorbeizieht – da ist immer etwas vor Nick: eine Semipermeable = permeabel:: 1.5 semi:: 2 – das tut weh
Grundsteine liegen am Anfang, von ihnen werden Mauern gezogen worden sein, man wird die Einschläge am Eckstein erahnen können: Steine sind hier eigentlich unwesentlich
::
In der Küche federt der Toaster, Nick kocht – Etwas hat noch seine ersten Schuhe an, weiß es aber nicht – wie auch?
::
ein heißes Porzellan ist geplatzt
eine Tasse ist gesprungen, hat Fliesen behüpft, drei viermal:
noch einmal?
::
etwas ist jetzt müde, soll vorkommen: jemand ist müde Oberarme, an der Lehne, eingedellt
jemand ist nicht mehr ganz so voll wie vorher = sie Zwei, konsultieren ihre Konsole:
Diese Matrix darf jetzt finalisieren, sie muss sich nicht weiterführen lassen, eine Abfrage wird Handshakes einreichen und stattfinden, ein Admin wird sie abgestoßen haben
Zwei fragen nach dem Admin, werden ihn aber nicht treffen, man teilt ihnen mit: er sei unverfügbar im Moment
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es geht um Freiheit, Schrumpfschlauch ließ seine Sub-Drähte los, die selbst noch fest sind und sie werden selbst geschält werden — ganz sie selbst:: 1.5 ganz Kupfer:: 0.5 ganz gleich und offenbar harmonisch:: 1
— Upscale
Anna Horak
maiglöckchen kleben an den scheiben aus glas geschnitten = glasfasern = nachfragen wo hier der ausstieg ist. aus dem bus in den himmel blicken, fahrt zu dir. ich schreibe dem blau einen namen auf den rücken getragen liegen die enden an den bleispitzen, du atmest tee in deine lungenflügel: gestern sind sie fortgeflogen. ein kratzen legt sich über den himmel also sehe also verpasse die haltestelle. du schlürfst. raureif verdreht die zungen belegt vergilbt deine worte sind alt geworden. ich höre vorbei. gedanken nur noch tanzen, ein kleiner hund = ein weiss streckt mir den mond entgegen, ich dachte es mir schon. die abgase legen sich über das kratzen. deine himmelsrichtung dahinter. A schreibt längere briefe, ich habe ihn mit grünen augen gelesen und abgetippt: ich mochte die blumen = ein straussenei = hier liegt zu wenig sand = mein kopf bleibt. an den himmel geklebt ein zwinkern.
Show more +Linn Bongard
an die T’s in meinem Leben, über Stand Up paddling boards und (verbotenes) Vermissen
Nase an Wange, Sommergeruch, nasse Rücken an einander, wir kleben, um uns Kälte und ein See, du hast deine Brille nicht auf, ich bin froh darüber. »Meine Schwestern lieben dich«, ich liebe deine Schwestern und dein Herz, hält mich fest, hält mich nah, unbeflecktes Sehen, da gab’s mal einen Knall. Beidseitiges Vermissen bedeutet Leiden, ausnahmsweise, nicht die gute Art. Ich sehe rot, ein rotes Fenster aus Beton, mit einem Kreuz drauf, dahinter eine Autobahn
Geschwindigkeit = Fieber wir kippen, alles blau, Algen und ein Fuß, ich weiß genau wie dein Fuß aussieht, verrückt, und kalt, so kalt, deshalb haben wir in der Nacht auch unsere Decken mitgenommen, auf den Wikingerspielplatz um 3 Uhr früh! Würd ich deine Sommerwange nicht vermissen, wären Fenster aus Glas. Vielleicht lila, wie dein Fuß, nach dem Treiben, auf dem Bord, zwischen Bergen, vor dem Fall, zu zweit und mittig, Rücken an Rücken, klebt Erinnerung
Show more +Maite Herborn
Um 3 Uhr früh habe ich geschlafen — glaube ich denke Ich weiß nicht, ob. Es ist immer so eine Sache: vor dem Zubettgehen das Alarmklingeln eines Weckers? Ist es, nicht? Spielst du nur mit deinem Nachtlicht machst du es nur zum Spaß. Auf leisen Sohlen durch das quietschende Überholz bloß nicht treten: um um in in. Drin. Ruhe, Kälte, blaues Chaos Unruhe. Harte Federn leichte Dunkelheit ich schließe meine Augen. Über den Wolken würd ich so gern vogelfrei sein. Der alte Papagei des Kollegen T. Neben meinen Rippen umkreist. Der Halswirbel so klein wie eine Erbse und so schlimm wie die Welt. Morgen früh ein neues Angesicht wenn ich die Tür öffne war es gestern schon da? Über Nacht haben meine Beine geschmerzt, die Stecknadeln sind eingetroffen ich habe verloren. Heute spät habe ich mich umgedreht auf die zuvor gewendete Seite und alles war anders, die Scheinwerfer haben mich angeleuchtet. Der Maestro hebt seinen Arm die Murmeltiere beginnen zu sinnen, der Beat des Wohls setzt ein. Der erste SCHUSS, zwei drei. Ob du wirklich richtig stehst? Hell ist es nie. Ich weiß nicht, ob ich. Schlafen kann ich: habe es nie gelernt. Holst du mich zurück wenn alles fertig ist? Holst du mich dann?
Show more +Yasmin Sibai
Kein Aufwachen sondern eher ein Herausfallen aus REMphasen rausgefadetes Träumen ein Herunterdimmen Abschwellen synchron mit dem Ausdünnen der Dunkelheit herausgleiten aus Schichten // Kälte und Fokus die Parameter jetzt – der entfernteste Punkt hinter den Eichenfingern scharf umrissen (noch)
Kaffeekochen nur schwebend über dem WGKÜCHENfußboden der Laptop nur halb aufgeladen anlaufschwierigkeiten gestern vergessen umzusteigen die schönsten dorfhöllen deutschlands die Jugendlichen (verpickelt) die dort aussteigen dieses trostlose entlangschleifen an bordsteinkummerkanten hinein in die Sinnlosigkeit der Nachmittage auf Straßen die zu stickigen Wohnzimmern an Waldrändern führen
Überhaupt ist hier ÜBERALL WALD und niemand stört sich daran auch nicht nachts beim Nachhausefahren nichts als WALD UND FELD sehne mich nach Asphaltiertem Versiegeltem Zubetonierten Hochhausschluchten // übertreibe maßlos und finde es eigentlich ganz schön, dass ich hier aufs Rad und durch FELD UND WALD nach Hogwarts; to the lighthouse lockt Letzterer böse komm … komm … damit ich mich darin verliere und das Terra X Ding mich verschluckt assimiliert einverleibt das RaumZeitKontinuum aushebelt meine REMphase flackert auf ich schmalschulterradele mich hindurch (ungesehen?) und wieder aufs offene Feld wo schon die schiefen Dachflächen winken und wo andere vor mir und auch eine Joggerin Baumgruppe eins im Gegenwind nur noch wenige Meter, die Turmglocke dröhnt Schallwellen auf die Ackerfurchen Baumgruppe zwei auch geschafft drei und vier noch zu meistern mit dem letzten Glockenschlag über die Brücke
Dennis Brock
I need a new body, wieso?, weil der alte hin ist, natürlich. Letztens konnte ich lediglich drei Schwalben tragen, ab der vierten ging ich in die Knie, der Schiri meinte, ich hätt ’ne Schwalbe gemacht, aber ich sagte ihm, hey Schiri, eine Schwalbe mach ich nie und der Schiri so zu mir, noch eine und du fliegst, wie die Möwe, die auf halbem Wege umgekehrt, das Land nicht mehr fand, nicht mehr vorfand, es war weg und done. Niemand flog so schön wie Forfang, als er sich den Berg hinunter stieß, das Luftpolster zu suchen, doch die Punktrichter gaben ihm abartige Noten, weil er den Telemark nicht platzierte, sie hatten es gesehen auf ihren Telebildschirmen und er brauchte sich gar nicht so zu wundern, hatte er ihnen doch zu wenig Mark zugesteckt, vorher, er warf die Scheine vom Balkon, da wo sie rieselten, fanden sich die Leute, bildeten sich Trauben, ich glaube, so müssen die sauren entstanden sein, oder Sauron, weiß ich aber auch nicht so genau, und das Lustige war, das Lustige ist und wird immer sein, dass die süßen wie die sauren genau gleich aussehen und da fragt man sich schon, was sich der Allmächtige bei dem ganzen Mist gedacht hat, dass man das nicht unterscheiden kann, aber der Schiri meinte, der hätte sich wahrscheinlich gar nichts dabei gedacht, das könne schon mal vorkommen, dass man sich nichts dabei denke, überhaupt war denken eh total überschätzt und übrigens
doch da trat ich ihm in den Nacken und er verstummte und sein Assi kam an, irgendwo aus der Tiefe des Raumes, Hölle nennt man die glaube ich und stellte mich vom Platz, aber zuvor zeigte ich ihm noch den Vogel, diesem hässlichen Vogel, und darauf meinte er, dass das klar wäre, das würde noch ein Nachspiel haben, eine Verlängerung, dreißigminütige Unendlichkeit, dann Elfmeterschießen nach Verurteilung, aber der Schütze verzog fortwährend, und jedes Mal schrien die Zuschauer, doch irgendwann hatten auch die die Nase voll, die ganze Exekution war denen zu grotesk, ohne dass man sich da was durch die Nase zog, konnte man es ja gar nicht aushalten, nur leider hatten sie nichts mehr, es war alles verschnupft worden, deshalb sangen sie lautschallend, in voller Mannschaftsstärke sangen sie, Schiri wirf auch uns vom Feld, aber das hab ich schon gar nicht mehr mitbekommen, da war ich schon ausgeflogen worden von der CIA, denn das nächste Spiel ist immer das nächste.
Show more +Kai Simanski
Nebel, Staub und Rauch. Diese armen Kreaturen, wuseln, grabschen, aber nein, keine Gewalt, zerreiben Stifte auf Papier, Nadeln auf Leder, zerschrammen mit Stöcken Ziegelsteinwände, schreiben, krakeln, besessenes Schreiben, Wahnsinn, nein Lyrik. Eine Blume, eine Landschaft, eine Vase, schlecht, sehr schlecht, trocknen, zermahlen, zu Staub, (aber nein, keine Gewalt) alle Dinge zu Pulver mischen, hochwerfen und damit die Welt vernebeln, im Nebel tanzen, mal fällt ein Staubkorn auf Tabulator oder anderes. Wir treten ans Fenster, die Feuerwehr kommt, nein, keine Grillparty im Haus.
Schlecht ist, was fest ist, besser ist, wodurch man gleitet, am besten ist, worin man versinken kann.
Voll die Töpfe, die Schredder, die Stampfer (aber nein, keine Gewalt), die Mülleimer entleeren dafür, es kostet nichts, wir kaufen billige Plastiktassen, durch Hohlraum billige Massen, denn überquellen lassen ist das Ziel. Kochen lassen, zu Pulver zerstäuben, entzünden, kräftig einatmen, schreiben. Dadada, nein, das ist schlecht, langweilig, wir reißen Bilder aus der Zeitung und verkleben sie, sammeln sie, wir lassen die Bilder singen stattdessen.
Ein Würfel mit Kanten ist schlecht, eine Kugel ist besser, eine Kartoffel ist der beste Würfel, wir würfeln mit der Kartoffel.
Die Tektonik des Materials stört den Vermieter, den Statiker, immerhin ist die Wohnung im Winter gedämmt, sagen die Nachbarn, an Brennmaterial mangelt es nicht, ein Rohrbruch, Wasser ergießt sich, die Tinte verschwimmt, Pilze sprießen, schreiben ihre Äderchen hinzu, Silberfische wimmeln, das Material wird immer besser. Die Würmer und ich, sage ich, na, kein Wunder, sagt die Putzfrau, daraufhin wird sie gefeuert, aber nein, keine Gewalt.
Steine über Steine, aber nein, wir wollen die Welt werden, die neue Tektonik gepressten Zellstoffs (aber nein, keine Gewalt), die Ideen gebärt sie und auch das Leben hat sie schon.
Verzage nicht. Es geht um nichts und um alles. Also:
mit Liebe.
Show more +Pauline Neumann
Die höhle bäumt sich über m ich
auf
gebeult baumelt wie ich im treppenhaus die stufen tragend gehe
luftlöcher verteilen sich im körper und werden zu einem zuge eingesogen von zungen aus blubberblasenden strudelkugeln im meer
wasser salzt sich durch meinen magen und sträubt sich der luft entgegen in meine haut
hin
ein
auf
deine
nie
schraubend
weiche windungen aus wolle wärmen meine blauen hände
die fingernägel kahl gewälzte blätternd blanchierte rinde zersägt vom stammbuch der springenden quelle aus flüssigen lichtreflektionen
sprenkelnde punkte auf weißem stoff leinen im marine
blau
ä
ugen
kleben in käfern auf papier gesteckt in brand und in wind gesetzt
segelnd
seelenleben in seelenden leben gelebt in geschichten geschrieben vielleicht auch in echt auf aschenden bechern verflechtet im greifenden grau
Show more +Lou Bakalow
Gewölbe, ich sage: himmelsfeste.
beim anblick in den himmel kippend, ein gedanke, ein wort, ein name, gewirr aus der ferne. ein langsames zögern im kopfflaum, während sich die stäbchen von den wänden schälen.
mit jedem ruderzug ein zylinder mehr an wänden, eine hand in meinem gedankenflaum. schalenlos dienstag.
A sagt: vogelschrei.
Aaaa
Aaaaa
Aaa
Aaaaaaaaaaa
diese tage eher kümmlich schlückchen von wasser auf der haut. während sich die dunkelfirmnis unter meinen nagel schiebt, meine hand auf meinem kopf. ich liege am boden und denke an vergossene kerzen, wachs, das zwischen den dielen klebt. wimpern
schläge in meiner hand, die furchen im linken wangengras.
morgendliches ernten das zu frühartige gegenüber: ein morgengrauen im ährendfeld.
wimpernschlag wimpernschlag unter höchstanstrengung außengeräusche ernten. Das linke bein ist vornüber gebeugt, ich schaffe den schritt zur linken tür nicht, das gehäuse ist zu fest, zu schwer, die hand auf meinem kopf. derweil liegend. positionsänderung von seitlich mittig zum fenster der zylinder an der linken hand. haut zwischen den fingern.
derweil handhaltung üben, die spitzen der ähren zu spindeln geknüpft. die zylinder schälen sich von den wänden und meine hand verweilt in der versuchung, den morgen zu halten, in händen zu halten bevor die zitronenäste in wimpernnähe lauern. nach wasser lechzend, lechzend des morgendlichen überguss,
gießung, wachsverguss.
des letzten traumes gestrüpp, derweil deine hand auf meinem kopf. mit betastung der linken wandmulde kriechend in außengeräusche, nebendinge, überfluss. im dunkel durch bäume damals hände haltend durch den regen und immer wieder astgestrüpp über dem kopf. die tasse seitlich auf dem knie und der stuhl vor deinem dachgeschoss, handhaltung und flechtgestrüpp in meinem kopf. hände tasten, türen.
usw.
Show more +Tilman Busch
aus der reihe »enorm wichtige geschichten vom zahn der zeit (fsk18)«

meine zahnbürste hat ziemlich angst vor karius und baktus und das kann ich ihr nicht verübeln denn die sind ein bisschen so wie horrorclowns und wenn stephen king ein buch über zahnschmerzen schreiben würde müsste er nie wieder ein buch schreiben ein doppelter welterfolg also das problem ist eben nur der satz des pythagoras denn faktor x in diesem falle angst potenziert sich mit faktor y in diesem falle karius um denselbigen faktor mal 1000 das weiß man ja aus gesicherten quellen wenn man zb höhenangst hat sollte man auf hohe häuser gehen und von ihnen runterspringen weil sonst nun man sollte mal drüber nachgedacht haben und karius und baktus das sind bourgeoise schweine die wollen immer mehr naja so ist das im monopol(y)kapitalismus wer die schlossallee hat sagt eben als erstes uno und das kannst du mir glauben die besitzen alles an zahn was du dir nur vorstellen kannst zum beispiel haben die sich da oben im molar 48 ne luxusvilla gezimmert und leben das gute leben während unsereins sich die krone aus dem backenzahn bricht und vielleicht sollte ich mal zum arzt gehen wofür hat man denn eine krankenkasse da kann man froh sein nicht in amerika zu leben da müssen sich die leute noch selbst operieren und wenn man in amerika eine schürfwunde hat muss man sterben denn dort gibt es keine pflaster aber ich habe mein bonusheft verloren und letztens bin ich an einer baustelle vorbeigegangen und dann hab ich gemerkt ich hab ganz schön angst vor bohrern.
Show more +Laura Pöschel
Himmelgrau
An einem Januarmorgen aus dem Bett steigen
= schon kalt.
Ebenso:
Tropfend aus der Dusche treten
Mit nassen Haaren frühstücken
Im Halbdunkel aufs Fahrrad schwingen.
Der Baum am Schuppen ist kahl
Sichtbar vom Frühstückstisch, wird aber nicht gesehen
Jedes Jahr dieselbe Frage: Waren da jemals Blätter dran?
Doch irgendwann fliegen die Schwalben wieder
Die Hortensien blühen
Der Baum spendet Schatten, beschirmt das Fenster vor Blicken von außen
Noch dauert es etwas.
Säuselt’s Lüftchen durchs Loch im undichten Rahmen.
Veronika Hauger
die sonne im garten lässt es mich nicht vergessen, schade eigentlich, und ich stelle mir vor, wie ich es dir genau erzähle, dass ich mich an die letzten wochen kaum erinnere, dass sie verschwimmen und sich alle so gewundert haben, bis sie mich irgendwann ins auto und
im tal sehe ich sie, 6 menschen, alte menschen, als paare und sie haben stöcke und teure outdoorkleidung und sie hieven sich den berg hoch und sie werden sich freuen, weil sie es noch schaffen und sie werden auf die riesige anlage zeigen und sagen, da, da sind sie, die, die
und dann möchte ich es wissen, warum bist du hier und warum alleine? aber dein blick wird so weit weg sein von medikamenten oder er war es schon lange und schon davor und du wirst vielleicht die augen kneifen,während du in die sonne schaust und dann zeige ich sie dir, die alten menschen, und ich muss ganz ehrlich lachen, weil sie
aber dann lachst du gar nicht, nichts regt sich in dir und deswegen bin ich lieber alleine, als du mit dem blick, es tut mir leid, sage ich, ich stehe auf und bin alleine und ich gehe zurück, weil es ist 14.15 und da habe ich endlich die stunde ganz alleine zum reden und ich werde viel erzählen, es hat sich was angestaut
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