„Nie wollte sie in den Tod springen. Immer nur in das Leben.“Mit diesen Sätzen endet „Der Sprung“, der zweite Roman von Simone Lappert. In diesem schildert sie das Schicksal von Manu, einer jungen Frau, die auf dem Dach eines Hauses steht und bereits im athematischen rasanten Prolog des Buches von diesem herunterspringt.
Die Erzählung selbst setzt zwei Tage vor dem Sprung ein. Manu rückt nun ein wenig in den Hintergrund. Stattdessen stehen jetzt zehn andere Figuren mit ihrem meist eintönigen und teils etwas trostlosen Alltag in der Kleinstadt Thalbach im Zentrum des Geschehens. Erzählt werden deren Schicksale episodisch und aus einer personalen Perspektive.
Am darauf folgenden Tag wird Manu auf dem Hausdach entdeckt. Sie ist ein Charakter, den vermutlich niemand dort oben erwartet hatte. Auch weil sie keiner der Hauptcharaktere, sondern nur zum Kristallisationspunkt der einzelnen Handlungsstränge wird. Lappert gibt Manu selbst also nur ganz selten eine eigene Stimme. So führt lediglich das Hintergrundwissen einiger anderer Charaktere zu einem gewissen, aber immer noch begrenzten Verständnis ihres Handelns.
Besonders spannend an Lapperts Erzählweise in diesem Buch, ist, und das wird an dieser Stelle besonders deutlich, wie unterschiedlich die Perspektiven sind, aus denen das Geschehene erzählt wird. So wird ein Teil des Romans aus Finns Sicht, dem Partner von Manu, erzählt, ein anderer, aus der Sicht eines Teenagers, der scheinbar nichts besseres zu tun hat, als Manu dabei zu filmen, wie sie oben auf dem Dach steht und mit Ziegeln um sich wirft.
Der Roman beleuchtet, welche Tragweite das Handeln des Einzelnen haben kann, so fühlte sich beispielsweise der Polizist Felix von all den Geschehnissen an ein traumatisches Erlebnis seiner Vergangenheit erinnert. Winnie hingegen, eine übergewichtige Schülerin, schaffte es, aus den Ereignissen die Kraft zu schöpfen, sich gegen die Schikanen ihrer Mitschüler zu wehren und sogar für andere einzustehen.
Offensichtlich ist dies ein Spiel mit Klischees, dennoch geraten die Charaktere Lapperts hierdurch nicht zu flach oder gar unauthentisch. Stattdessen bekommen sie allerdings einen starken Wiedererkennungswert. So schafft die Autorin es, ein Panorama einer Kleinstadt zu schaffen.
Zudem wird das Buch aufgrund des Durcheinanders der Einzelschicksale teilweise langatmig und zäh und scheint zuweilen nur noch wenig mit Manu, dem gemeinsamen Dreh- und Angelpunkt des Romans, zu tun zu haben.
Das Buch vermittelt auf vielen Ebenen, dass selten etwas ist, wie es zunächst scheint, bleibt in dieser Aussage aber gleichzeitig zu vage.
(Eine andere Perspektive)