Wasser, Feuer, Luft, Erde. Sebastian Weirauch bedient sich für sein Lyrikdebut “Von den Elementen” an den klassischen vier Elementen in unklassischer Weise. Er behandelt die Elemente, wie sie durch den Menschen beeinflusst oder genutzt werden. Die vielen kurzen Gedichte sind gespickt von Personifizierungen und Doppelbödigkeit.
Durch den gesamten Lyrikband Weirauchs zieht sich das Verhalten der Menschen gegenüber der Natur. Thematisiert wird, dass der Mensch meist handelt ohne die langfristigen Folgen des Handelns abzusehen. Die Gedichte weisen auf gesellschaftliche Missstände und Umweltfragen hin, ohne dabei vorwurfsvoll zu sein.
Das erste Kapitel ist dem Wasser, genauer den Ozeanen gewidmet. Es setzt sich mit der Tiefsee und mit Küstengebieten auseinander, setzt das Meer und den Menschen in Beziehung. Das Lyrische-Ich nimmt unterschiedliche Perspektiven ein wie die des Meeres, wenn es heißt:
“Ich wollte keine verrosteten
Hafenanlagen mehr sehen”
Und weiter thematisiert Weirauch den menschlichen Einfluss auf die See und den Einfluss der Meere auf den Menschen.
Weirauchs Lyrik lässt sich nicht einfach so weglesen, denn die hohe Fremdwörterdichte fordert die Leser*innen heraus, Bilder verschwimmen und die Inhalte rücken in die Ferne. Das gilt für den gesamten Band, wird jedoch im zweiten Kapitel besonders deutlich. Es trägt den Titel “Feuer der Sonne”. Fremdwörter und Wortneuschöpfungen liefern sich ein Wettrennen: “Kumulationsgebiete”, “stygische Nacht”, “Lichtgeäst” oder “galaktischer Hypergranit” fügen den Gedichten etwas undurchsichtiges hinzu und erwecken nur vage Vorstellungen. Der eingangs beschriebene Inhalt wird so verschleiert. Welchen Effekt Weirauch damit erzielen möchte, erschließt sich mir nicht, denn die Wortwahl fördert nur bedingt einen Rhythmus und [m1] erzeugt kaum Atmosphäre.
Der Fokus scheint verschoben, denn vom Inhalt der Gedichte bleibt nicht viel. Dabei geht es in diesem Kapitel um die Nutzung der Sterne zur Navigation, um Raumfahrt und die Frage nach dem Sinn ebendieser. Das Lyrische-Ich nimmt die Perspektive eines Himmelskörpers oder einer Energiequelle ein und es spricht ein Du an, dass sich als Erdenbewohner*in interpretieren lässt. Unablässig schwingen mehrere Ebenen mit, Beziehungen zwischen den Planeten lassen sich als zwischenmenschliche Beziehungen deuten und nehmen die Leser*in mit in Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart.
“Etwas an dir kam mir blauverschoben vor:
In meinem Sternradius warst du der Erste
den meine Farbentemperaturen nicht verkohlten
und den sein Eigengewicht nicht zerdrückte”
Das dritte Kapitel “Luftverkehr” bespricht die
menschliche Nutzung bzw. Zueigenmachung des Luftraumes.
“Ich kollidierte mit dir Ich lockte dich
an der polaren Front ins Weltall hinauf
Wir verglühten dabei und lehrte dich
wie Phosphortiere den Schlangengang”
Es geht um das Fliegen und um Tücken bzw. auch um unabsehbare Folgen. Auch eine Naivität wird angesprochen
“An Flugwetterhunde
hast du noch geglaubt”
Im vierten Kapitel befindet sich die Leser*in auf der Erde, steigt in den Stollen des Bergwerks hinab und Weirauch bespricht die Einteilung und Ausschlachtung von Ressourcen.
“Du bist schon
außer Reichweite
Das Grubengestein
stellt sich taub”
In allen Kapiteln spricht das Lyrische-Ich ein Du an, fragt es, wer es ist. Ist es ein Kreuzritter? Ist es eine Linie? Mal ist es ein Magnetfeld oder eine Region. Gleichzeitig bekommen diese Dus menschliche Eigenschaften zugeschrieben, sodass die Leser*in sich doch fragen muss, ob man selbst gemeint ist. Das verdeutlicht, dass der Mensch nicht von der Natur getrennt betrachtet werden kann, dass alles irgendwie zusammenhängt. Weirauchs Gedichte lassen sich mit Bier, Sushi oder Kaffee vergleichen, es schmeckt meistens nicht beim ersten Versuch. Durch wiederholtes Probieren kann man es irgendwann genießen obwohl es eigentlich nicht schmeckt.