1.1 EXT. M.O.E.B.E.L. HAUPTQUARTIER LIEFEREINGANG – NACHT
Durch das Dickicht des mitteldeutschen Urwalds kämpft sich ein gepanzerter Möbeltransporter mit getönten Scheiben, eskortiert von zwei Begleitgabelstaplern. Mit quietschenden Reifen halten die Fahrzeuge auf einer Lichtung vor einer verlassenen Lagerhalle. Noch bevor sie komplett stillstehen, springen M.O.E.B.E.L.-Agent*innen in dunkelblauen Overalls durch die Schiebetüren und schwärmen Richtung Heckklappe des Transporters aus. Die Motoren verstummen, hektische Befehle werden gebellt, an der Rückseite des Transporters wird eine Rolle Luftpolsterfolie wie ein Teppich ausgebreitet. Dann:
Zischen. Heißer Dampf schießt aus dem Inneren des Transporters, während sich die Heckklappe langsam öffnet. Vier muskulöse Möbelpacker*innen tragen ein riesiges Paket nach draußen, ziehen die Montageanleitung hervor und lösen das Klebeband mit Tapetenmessern. Die Wände des Pakets klappen auf und eine Lawine von Styroporflocken quillt hervor, aus der sich langsam die Umrisse von ADMIRAL SCHMITZHOS schälen. Admiral Schmitzhos hustet, spuckt Plastiktütchen voller Schrauben auf den Boden und schüttelt sich. Aus dem Schatten der verlassenen Lagerhalle löst sich OBERSTDIREKTORIN NOVITZKY, läuft auf Admiral Schmitzhos zu und hält ihm eine Lieferbestätigung entgegen.
SCHMITZHOS
Gottverdammt, zum letzten Mal, ich brauche Luftlöcher, Novitzky!
Schmitzhos signiert hastig. Die M.O.E.B.E.L.-Agent*innen positionieren sich in Bodyguardformation, Novitzky und Schmitzhos bewegen sich auf die Lagerhalle zu.
NOVITZKY
Komfort ist bei der Expresslieferung nicht garantiert, Schmitzhos.
Sie wissen das.
SCHMITZHOS
Seit wann geben wir Acht auf Garantien, Novitzky?
Beide lachen. Novitzky öffnet eine rostige Eisentür, Schmitzhos tritt in einen langen Flur ein.
1.2 INT. M.O.E.B.E.L. HAUPTQUARTIER – NACHT
Ein dunkler Korridor, Staub und Spinnenweben an der Decke. An den Wänden blasse Renaissancegemälde von Sitzgelegenheiten. Novitzky bleibt vor dem Gemälde einer Le Corbusier-Couch stehen, zieht den Bilderrahmen beiseite, um einen Zollstock-Scanner zu enthüllen.
COMPUTERSTIMME
Willkommen, Oberstdirektorin Marianne Novitzky. Bitte zeigen Sie mir
den Bereich zwischen 173 cm und 191 cm auf Ihrem Zollstock.
SCHMITZHOS
Zwei-Meter-Zollstöcke?
NOVITZKY
Man kann nie sicher genug sein. Die Konkurrenz schläft nicht.
SCHMITZHOS
Da haben Sie wohl recht.
Sie passieren die sich öffnende Geheimtür.
1.3 INT. M.O.E.B.E.L. HAUPTQUARTIER – NACHT
Ein hell erleuchteter High-Tech-Korridor.
M.O.E.B.E.L.-Agent*innen wuseln kreuz und quer durch den Gang, stehen vor Konferenztischbauplänen, und bauen Cubicles auseinander und wieder auf. Novitzky geht unbeirrt weiter, Schmitzhos muss Schritt halten.
NOVITZKY
Hier entlang, Konferenzraum B14. Die Anderen warten bereits. Sie wurden
unterwegs auf den neusten Stand gebracht, nehme ich an?
Die Wupper Wohnwelt-Filiale im kompletten Lockdown?
Niemand kommt rein, niemand kommt raus.
SCHMITZHOS
Eine gottverdammte Stufe 9, Novitzky! So was habe
ich seit dem Erkerode-Debakel nicht mehr gesehen.
NOVITZKY
Wir sind vollkommen unvorbereitet, Admiral. Wir sind
vollkommen unvorbereitet. Die haben uns eiskalt mit
den Dübeln in der Hocke erwischt.
SCHMITZHOS
Wie konnte das passieren?
NOVITZKY
Der Notfallknopf.
SCHMITZHOS
Grundgütiger!
NOVITZKY
Die Presse sitzt uns im Nacken, Schmitzhos. Die haben
Aufnahmen von den Sicherheitskameras.
SCHMITZHOS
Wie?
NOVITZKY
Wir wissen es nicht, und das spielt auch keine Rolle mehr.
Wir können uns kein weiteres ‘82 leisten, nicht,
wenn ganz Nordeuropa zusieht. Tun Sie etwas, Admiral!
Sie halten vor dem M.O.E.B.E.L. Krisenkonferenzraum.
SCHMITZHOS
Noch irgendetwas, das ich wissen sollte?
NOVITZKY
Ja, bevor Sie da reingehen- Hören Sie, es tut uns wirklich leid,
wir haben den Sicherheitsexperten von StahlTürTech nicht
einfliegen können.
SCHMITZHOS
Was? Warum nicht? Er ist der Beste für den Job.
NOVITZKY
Wir haben den anderen Besten für den Job.
SCHMITZHOS
Niemals! Ihr habt Tanjia McBobo bekommen?
NOVITZKY
Noch besser. Ronny.
SCHMITZHOS
Ronny?
NOVITZKY
Genau.
SCHMITZHOS
Ronny wer?
NOVITZKY
Ronny vom Türschließdienst um die Ecke.
SCHMITZHOS
Ronny vom Türschließdienst um die Ecke?
NOVITZKY
Auf seinem Ausweis steht kein Nachname.
SCHMITZHOS
Na gut, okay, halb so wild, solange dieses Wunderkind aus Zürich
vom letzten Mal da ist, wird das alles kein Problem sein.
NOVITZKY
Keine Sorge, sie hat all ihre Fingerpuppen und Wachsmalstifte dabei.
SCHMITZHOS
Sie hat ihre was?
NOVITZKY
Was?
SCHMITZHOS
Dieses Genie aus den Chemielabors in Zürich. Wie hieß sie gleich?
NOVITZKY
Ooooooh, Sie meinten- achso. Ja, das ergibt mehr Sinn.
Wir hatten uns auch schon gefragt, warum Sie Lea im Raum brauchen.
SCHMITZHOS
Novitzky?
NOVITZKY
Ihre Maccaronibilder sind wirklich genial. Der nächste Rembrandt,
ich sag’s Ihnen, jaja. Aber wenn Sie das beruhigt, sie hat auch
gar nicht so schlechte Noten in Chemie. Sie ist Jahrgangsdritte,
Schmitzhos! Dritte, nur hinter Erica und Mennis, aber Mennis
lernt auch echt nur. Und Erica konnten wir nicht kriegen, die hat Hausarrest.
SCHMITZHOS
Haben Sie überhaupt irgendwen von meiner Liste?
NOVITZKY
Maroon 5 sind da.
SCHMITZHOS
Die waren nicht auf meiner Liste.
NOVITZKY
Aber es ist gut für die Stimmung.
Aus dem Chaos um sie herum nähert sich der OBERSTDIREKTORINNENASSISTENT.
OBERSTDIREKTORINNENASSISTENT
Frau Novitzky, wir brauchen Sie in Raum 3, die UN fordert ihre
Meinung zum Hollywoodschaukelembargo. Unverzüglich.
NOVITZKY
Ich verlasse mich auf Sie, Admiral?
SCHMITZHOS
Warten Sie!
NOVITZKY
Sie schaukeln das, gar kein Problem,
SiesindunsereletzteHoffungvielenDank!
Novitzky eilt mit Oberstdirektorinnenassistent in die andere Richtung davon, Schmitzhos atmet tief durch und betritt den Konferenzraum.
1.4 INT. M.O.E.B.E.L. KRISENKONFERENZRAUM – NACHT
Ein hell erleuchteter Raum. Mehrere Bildschirme an der Wand zeigen die Aufnahmen aus dem Inneren der Wupper Wohnwelt. Gegenüber den Bildschirmen sitzen an einem hufeisenförmigen Tisch: LEA, MAROON 5, FISCHERS HUBERT, TRIXIE, XXXEDGELORD420, WETTERFEE LANA und KRAKE PAUL. Sie hören RONNY zu, der mit baumelnden Beinen auf dem Tisch sitzt.
RONNY
… also hab ich gesagt “Ronny, wenn du diese Anekdote erzählst
und jemand erst zum Ende in den Raum kommt, solltest du einen
besseren Schlusssatz parat haben”.
Alle lachen. Schmitzhos räuspert sich und es wird still. Schmitzhos geht ans Tischende, klatscht einmal in die Hände. Alle Bildschirme zeigen das gleiche Bild: Das Wupper Wohnwelt-Möbelhaus, umhüllt von Titanwänden.
SCHMITZHOS
Meine Damen und Herren und/oder Oktopoden, danke für Ihr
Erscheinen. Sie sind sich sicher des Ernstes der Situation bewusst.
Heute um Null-Fünfhundert ist das Unaussprechliche geschehen. In unserer
wohl prominentesten Filiale, der Wupper Wohnwelt, wurde entgegen
aller Erwartungen der Notfall-Knopf gedrückt und das damit einhergehende
Sicherheitsprotokoll initiiert. Die Folgen sind- nun, sagen wir, die
Tagesschau hat genug Gesprächsmaterial für die nächsten Wochen. Ich muss
an dieser Stelle nicht erwähnen, dass alles, was in diesem Raum gesagt wird,
diesen Raum auch nicht verlässt. Sie sind hier, weil Sie- weil Sie die Besten-
Entschuldigung, könnten Sie damit aufhören?
Trixie hält mitten im quietschigen Ballontierbasteln inne.
TRIXIE
Tut mir Leid. Maroon 5 wollten unbedingt einen Pudel. Ich bin Ballonkünstlerin,
Sie verstehen.
ADAM LEVINE VON MAROON 5
Verzeihung allerseits. Doch wer könnte es mir, Adam Levine von
Maroon 5, verübeln?
SCHMITZHOS
Könnten Sie das- Lassen Sie uns das auf später verschieben. Nachdem wir die
200 Menschen aus diesem Stahlgefängnis befreit haben.
XXXEDGELORD420
Haben wir es schon mit einem Luftangriff probiert? Kablam, das geht
Pow Pow Pow, Bing Bing Bam!
LEA
Oder mit einem Laser.
XXXEDGELORD420
Das ist so Psch! Psss! Nnnnneugh!
SCHMITZHOS
Die Titanvorrichtungen an der Außenseite des Gebäudes konnten bisher
von rein gar nichts penetriert werden, weder von unseren Geschossen,
noch von dem Laserbohrer vor Ort.
LEA
Ein echter Laserbohrer!
SCHMITZHOS
Wie Sie den Briefingdossiers entnehmen können, ist das Gebiet
weiträumig abgeriegelt. Die Bundeswehr konnten wir bis jetzt noch
raushalten, doch seit heute Mittag sickern ständig einzelne Aufnahmen
aus dem Inneren des Gebäudes an die Presse.
XXXEDGELORD420
Haben wir es schon mit einem Luftangriff auf die Presse probiert?
WETTERFEE LANA
Also, ich verstehe nicht, warum wir uns nicht einfach
zum Keller durchgraben?
SCHMITZHOS
Teil des Sicherheitssystems sind in zufälligen Abständen verteilte Minen
im Boden. Fragen Sie nicht, wieso. Die 2010er waren eine wilde Zeit,
nicht wahr, Krake Paul?
Krake Paul ist seit 2010 tot.
XXXEDGELORD420
Wow! Tretminen! Die sind so kapchhh, booooom, boioioioing!
xxxEdgelord420 macht weiter im Hintergrund Explosionsgeräusche.
RONNY
Haben Sie schon den Haustürschlüssel probiert? Ich als Schlosser
weiß durch meine Erfahrung als Schlosser, dass in 83,4% der Fälle
ein Ersatzschlüssel unter der Türmatte liegt. Kleines Schlossergeheimnis.
TRIXIE
Oder einen Ballonschlüssel? Ich kann mich sofort darum kü-
SCHMITZHOS
Es gibt kein Schloss! Es gibt kein Schloss, in das man einen Schlüssel
stecken könnte. Die Außenwände sind makellos glatte Oberflächen.
TRIXIE
Ich könnte ein Ballonschloss basteln?
RONNY
Und ich könnte einen Schlüssel machen.
LEA
Und ich kenne Türen!
SCHMITZHOS
Danke, ja, wir kommen darauf zurück. Haben Sie noch
andere Vorschläge?
ADAM LEVINE VON MAROON 5
Wir alle von Maroon 5 haben viel darüber nachgedacht, und,
Admiral Schmitzhos, es muss auf Basis reiner Logik doch irgendwo
einen Knopf geben, der besagtes Sicherheitsprotokoll wieder deaktiviert,
oder nicht?
SCHMITZHOS
Danke, Adam Levine von Maroon 5. Ja, in der Tat gibt es diesen
Entnotfall-Knopf. Dieser ist leider sehr kostbar, wir fürchten, dass
er bei einem Einbruch sofort geklaut wird, und haben ihn deshalb in den
Entnotfall-Hochsicherheitsraum gepackt, welcher im Falle eines Notfalls
natürlich zuallererst abgeriegelt wird.
ADAM LEVINE VON MAROON 5
Im Namen von ganz Maroon 5 möchte ich gerne fragen, und es tut mir Leid,
sollte dies zu forsch klingen, doch könnte man sich nicht einfach in
das System hacken? Unser eigener Bassist, Jesse Carmichael, kennt so gut
wie jedes mögliche Passwort.
SCHMITZHOS
Wir haben tatsächlich schon unsere besten Leute darauf ang-
RYAN DUSICK VON MAROON 5
Zeig’s ihm, Jesse!!
JESSE CARMICHAEL VON MAROON 5
Passwort123!
ALLE ANDEREN VON MAROON 5 IM CHOR
Wow!
SCHMITZHOS
Das ist-
JESSE CARMICHAEL VON MAROON 5
MöbelmöbelmöbelMjamMjamMjam_7?
RONNY
SesamÖffneDich1!
TRIXIE
Ballons!
JESSE CARMICHAEL VON MAROON 5
2Ballons!
SCHMITZHOS
Stop! Ruhe! Seien Sie gefälligst still, verdammt! Sie haben
nicht den blassesten, nicht den blassesten Schimmer von Computern!
Ihre Vorschläge sind nicht nur eine Verschwendung meiner Zeit, sie
verursachen einen gottverdammten Tinnitus. Warum Sind Sie überhaupt hier?
Pause. Wetterfee Lana meldet sich.
WETTERFEE LANA
Also, ich könnte auf Wetter.com nachsehen, ob es vielleicht regnet? Schauen,
ob das irgendetwas bringt. Wenn Sie wollen.
SCHMITZHOS
Ja! Ja! Das ist es! Machen Sie das! Machen Sie doch alle genau das,
was Sie vorschlagen, sie beschissenen Vollidioten! Ich hatte eine Liste, Novitzky!
Eine Liste! Die Besten der Besten, verdammt, und was kriege ich? Von einer
zuletzt 2006 relevanten Pop-Rock-und-Funk-Pop-Band bis zu einer Drittklässlerin
mit fehlplatziertem Selbstbewusstsein, von einer Wetterfee ohne dem Namen
entsprechenden Eigenschaften bis zu einer Ballonkünstlerin, die sich bereits
alles an Verstand aus dem Leib gepustet hat, und von “Ronny” bis zum Leichnam
eines Oktopus’, der dennoch mehr Hirnzellen haben müsste als jemand, der als
“xxxEdgelord420” durch das Leben schreitet. Sie alle zählen zu den nutzlosesten
Lebewesen, die mir jemals untergekommen sind!!
Pause.
SCHMITZHOS
Und Sie da? Sie, der die ganze Zeit nur stumm rumglotzt, anstatt irgendwas
zu ändern. Wer sind Sie? Die Gesellschaft?
ADAM LEVINE VON MAROON 5
… oh, das ist Fischer Hubert. Der hat einen Fischstand im Markt.
Hat uns vorhin das Mittagessen vorbeigebracht und seitdem sitzt
er einfach hier.
SCHMITZHOS
Na? Haben Sie vielleicht auch etwas Schlaues beizutragen?
Stille. Fischer Hubert richtet sich auf, räuspert sich, rückt den Fischerhut zurecht, dreht den Weizenhalm, auf dem er herumkaut, von einem Mundwinkel zum anderen.
FISCHER HUBERT
Wir nehmen einen großen Fisch.
Alle starren ihn an. Niemand wagt zu atmen.
FISCHER HUBERT
Und schmeißen ihn drauf.
Schweigen. Blicke werden ausgetauscht.
2.1 EXT. WUPPER WOHNWELT – TAG
Im Morgengrauen schleppt ein Helikopter einen riesigen Karpfen durch die Lüfte und lässt ihn auf die Wupper Wohnwelt-Filiale fallen. Es klatscht leise und gedämpft. Nichts passiert.