Das Online-PROSANOVA 2020 steht schon fast vor der Tür und wir haben uns mit Mirjam aus dem künstlerischen Leitungsteam getroffen – natürlich virtuell – und ihr alle Fragen gestellt, die uns so auf dem Herzen lagen…
Das Prosanova-Team
Wir können uns noch gar nicht vorstellen, wie das PROSANOVA dieses Jahr aussehen soll – wie wird denn so ein Online-Festival? Wie wird das koordiniert?
Seit dem 25. Mai ist unsere extra für dieses Online-Festival eröffnete Seite online. Auf der Seite ist der Timetable enthüllt – darauf wird sichtbar, an welchen Tagen es welche Formate geben wird. Das Festival wird wie gewohnt über das ganze Wochenende laufen – Donnerstag, quasi nach der Arbeit, fängt das Programm an und Sonntagmorgen ist noch eine Abschlussveranstaltung. Freitag und Samstag ist volles Programm, teilweise auch zwei Veranstaltungen gleichzeitig.
Wir haben uns entschieden, trotzdem einen Eintritt zu nehmen. Trotzdem wird das nicht wahnsinnig teuer sein. Wir empfehlen, dass man 15 Euro bezahlt, für den ganzen Festival Pass. Es wird aber mehrere Optionen geben, die man je nach Ermessen auswählen kann. Es wird auch die Möglichkeit geben, sich bei uns zu melden, wenn der Eintritt eine wirklich große Hürde darstellt und wir versuchen dann, eine andere Lösung zu finden.
Wir haben natürlich immense Kosten und wollen unsere Autorinnen gut bezahlen – zumindest an den basalen Honorarempfehlungen von Verdi gemessen. Das ist natürlich im Bezug auf das Internet ein Statement. Ich finde es aber okay, zu sagen, dass Kulturveranstaltungen– auch wenn sie online stattfinden – eine finanzielle Wertschätzung bekommen müssen.
In dem Shop wird man auch tolle Festival-Kits kaufen können und sich ausstatten mit coolem Festival-Feeling, damit irgendwas mit nach Hause kommt.
Wenn man sich dieses Ticket gekauft hat, hat man dann einen Online-Zugang, oder wie?
Genau. Das Ticket, das man bucht, ist super unromantisch. Kein schönes Farbticket, wie dieses, das wir vor tausend Monaten schon gedruckt hatten [hält buntes Festivalticket in die Kamera], als wir noch dachten, es würde ein analoges Festival geben – sondern das ist einfach ein Zugangscode, ein bisschen wie diese Paywalls bei der Süddeutschen, wo man Inhalte nicht sehen kann, wenn man nicht bezahlt.
Alle diese Inhalte gehen ab Donnerstag, den 11. Juni dem Timetable entsprechend online. Die Veranstaltung, die wir 17 Uhr angesetzt haben, ist auch erst um 17 Uhr sichtbar und die nächste fängt dann auch tatsächlich um 18 Uhr an. Sobald alles erst mal online ist, ist es das ganze Wochenende verfügbar. Außer natürlich die Dinge, die live stattfinden und die Workshops.
Während des Wochenendes kann man also Dinge, die man verpasst hat – die man aber gerne sehen oder hören möchte – noch ansehen oder anhören. Das bleibt aber bei diesem Wochenende und auch erst mal exclusive für die Leute, die eben diesen Zugang haben. Erstens, weil es dadurch natürlich am nächsten am Festival als einmaliges Event bleibt. Zweitens aber auch, weil es rechtlich sonst schnell auch schwierig wird, wenn wir da sehr lange Inhalte von Autorinnen einfach vogelfrei im Internet belassen.
Was kann man denn vom PROSANOVA dieses Jahr erwarten? Was sind die Formate?
Die Inhalte auf der Website haben verschiedene Kategorien: Es gibt die klassischen Lesungen, die oft einfach Audios sind – damit man sich tatsächlich auf den Text konzentrieren kann oder auch damit man parallel eine Gurke schneiden kann [lacht]. Das heißt, es gibt auf eine Art in unserer digitalen Version wieder mehr Wasserglas-Lesungen, als es beim analogen Festival gegeben hätte. Wir rahmen aber diese klassischen Lesungen mit “Rezensionsanweisungen” also Ideen, was man machen könnte, bevor man sich diese Texte anhört. Das ist teilweise ganz lustig, teilweise sehr schlicht – je nachdem, was der Text so anbietet.
Wir haben daneben diesen aber auch vorproduzierte Videos: Einige haben zum Beispiel ihre eigene Desktop-Arbeit gefilmt, simultan das Leben literarisiert – da entstehen mehrere Layer von Schreib-Arbeit, die eine eigene neue Geschichte ergeben. Teilweise haben wir Korrespondenzen zwischen Autor*innen hergestellt, die dann über Zoom ins Gespräche kommen.
Es gibt also auch Diskurse. Dieses Jahr aber nicht in Form von Podiumsdiskussionen, sondern im Podcast Format.
Die Künstlerinnen hattet ihr aber schon ausgesucht, bevor Corona explodiert ist?
Ja.
Seid ihr dann nochmal auf alle zugegangen, als es dann hieß, alle Festivals sind abgesagt? Ist da denn jemand abgesprungen?
Ja, das ist auch passiert. Nicht super oft, aber es kam schon vor. Auch mit der Begründung, dass es die falsche Entscheidung ist, auf diese Online-Lösung zu setzen – Lesungen müssten ein Erlebnis sein, das auch körperlich im gleichen Raum stattfindet. Das finde ich auch eine legitime Position. Wir hatten selbst alle auf unterschiedliche Weise sehr großen Struggle mit dieser digitalen Version. Wir haben uns trotzdem dafür entscheiden, weil wir einfach die zugesicherten Gelder hatten. Und das Gefühl da war, für Autorinnen brechen gerade so große Mengen an Honorar-Geldern weg, dass wir diese Verantwortung gesehen haben, dass wir denen dieses Geld denen jetzt auch auszahlen können.
Du meintest, ihr habt Geld für Technik ausgeben müssen und ihr verschickt Kameras und Mikros?
Ja, weil wir einfach gerne nicht so eine Reihe von Webcam-Lesungen haben wollten. Wir haben festgestellt, die gibt es jetzt gerade sehr, sehr viel und die wollen wir selber gar nicht sehen. Deswegen ist jetzt die Hauptarbeit diese ganze Vorproduktion. Ich glaube, was sonst auf einem Festival-Gelände das Bauen und Schrauben und Hämmern gewesen wäre, ist jetzt das.
Um noch einmal auf die Künstler*innen zu kommen – du hast ja schon gesagt, dass da viel Eigeninitiative kam. Aber habt ihr denen irgendwas an Leitfäden gegeben?
Der erste Schritt inhaltlich ging von uns aus. Es war aber immer so, dass es für die Autor*innen auch die Möglichkeit gab, das abzulehnen. Und tatsächlich haben einige Formate dann doch noch Transformationen durchgemacht hat. Die Ergebnisse sind dieses Jahr wirklich zu einem großen Teil geprägt durch die Arbeit der Autor*innen – weil die ja zum Beispiel von Zuhause filmen müssen. Da ist auf eine andere Art nochmal Kreativität gefordert.
Jetzt gerade ist der Punkt, an dem wir die ersten Inhalte bekommen, die ersten Videos fertig geschnitten werden und die ersten riesen Dateien im Schnitt nochmal zu etwas ganz anderem werden. Unsere Arbeit hat sich total verlagert – das alles hätte ja bei einem analogen Festival gar keine Rolle gespielt. Plötzlich ist der Schnitt eben ganz wichtig.
Weil du jetzt gerade so auf den Schnitt eingehst – macht ihr da auch selbst noch was dran?
Das machen wir in der technischen Durchführung nicht alles selbst. Wir haben im März natürlich alle richtig Panik gekriegt, als klar war, dass das PROSANOVA bestimmt nicht so richtig stattfinden kann. Zum Glück konnten wir unser Team dann durch zwei großartige, kompetente Frauen erweitern – für den Bau der neuen Seite und des Shops und für technische Fragen und den Schnitt. Da haben wir einfach wirklich richtig Glück gehabt. Wenn wir von Autor*innen – und das ist vorgekommen – drei Stunden Material bekommen und das Format aber nur eine halbe Stunde lang sein soll, steckt da trotzdem von unserer Seite nochmal viel Arbeit drin. Wir müssen auswählen, welche Elemente wir mit rein nehmen – ich glaube, auch wenn wir nicht selbst schneiden, entwickeln wir da ein neuen Blick.
Wo wir gerade über die Künstlerinnen oder Autorinnen sprechen: Wie habt ihr die denn jetzt ausgewählt?
Wir haben ein Jahr lang einfach sehr, sehr viel gelesen. Wir hatten immense Leselisten und Bücherstapel. Es gab ein Wochenende, an dem wir systematisch über jedes Buch gesprochen haben und da gab es dann schon auch mehrere Schritte des Aussuchens. Ich kann dir aber keinen Kriterienkatalog nennen. Es musste halt irgendwie eine Begeisterung vom Text ausgehen. Aber das hat sich im Team teilweise sehr unterschieden, also wir mussten da teilweise ein bisschen streiten. [lacht]
Es gab aber dann doch auch erstaunlich viele Texte, bei denen wir uns schnell einig waren. Wo die Unstimmigkeiten auch ausdiskutiert werden konnten und wir das Gefühl hatten, da passt dann auch noch das Kriterium, dass die Autor*innen noch nicht so krass im Betrieb stehen.
Das war aber auch etwas, was wir immer wieder aushandeln mussten. Wann ist eigentlich jemand etabliert? Und wann ist es noch cool, jemandem zu sagen: „Du bist nicht etabliert und deswegen geben wir dir jetzt diese Bühne“?
Du bist noch nicht bekannt, deswegen darfst du kommen… [lachen]
Ja, so in etwa. Aber ich glaube, dass wir uns insgesamt schon darauf einigen konnten, dass es gut ist, eine Mischung zu haben. Also aus Menschen, die schon länger literarisch tätig sind und die man deswegen dann schon ein bisschen kennt – die waren dann unsere Zug-Delfine [lacht] – und aus denen, die tatsächlich gerade debütiert haben und deren Text man einfach noch nicht gelesen hat, weil der im Sommer erst rauskommt.
Wir haben uns sehr viel damit beschäftigt, wie ungerecht Aufmerksamkeit in der deutschen Literaturlandschaft verteilt ist. Trotzdem wollten wir keine Person nur einladen, weil sie eine Gruppe repräsentieren kann. Es ging immer auch um die literarische Arbeit. Auch bei den Autor*innen, die auch aktivistisch – also politisch – tätig sind, ging es in der Einladung um ihr literarisches Schaffen. Also die sind in erster Linie als Autor*innen angefragt.
In eurer Positionierung geht es auch darum, wie Personen of Color im Literaturbetrieb vertreten sind. Wie habt ihr das thematisiert und gab es in ihrer Vorbereitung dabei größere Hindernisse?
Ich würde sagen, dass es ein Hindernis war – und das haben wir schon an vielen Stellen erwähnt und ich will auch gar nicht immer die gleiche fast schon „Parole“ wiederholen – aber es war für uns tatsächlich eine Schwierigkeit, über die klassischen Wege wie Verlagsprogramme, Agenturen und Lesereihen zum Beispiel Autor*innen of Color überhaupt zu finden. Zeitschriften sind da manchmal gar nicht so schlecht, teilweise sogar richtig gut – aber der Anspruch, ein diverses Programm zusammenzustellen, das ist überhaupt nicht leicht einzulösen.
Das Festival wird begleitet von einem Safer Space und der Möglichkeit, das Awareness-Team zu erreichen. Wir versuchen schon, wie wir es beim analogen Festival auch gemacht hätten, soweit es geht sicherere Räume zu bieten, in denen Menschen sich aufgehoben fühlen können, wenn es schwierige Momente gibt. Und trotzdem ist klar, dass das nur ein Anfang sein kann, und dass auch wir noch immer blinde Flecken haben. Und dass trotzdem solche, schwierige Momente entstehen können.
Ich lese an diesen Stellen immer wieder von unserem eigenen Anspruch und habe das Gefühl, wir konnten den nicht so weit einlösen, wie wir das wollten. Und das Ergebnis, was Repräsentationen angeht – wenn ich mir unser Programm angucke – ist immer noch nicht völlig fair. Ich würde sagen, da sind wir jetzt noch einen Schritt weiter gegangen, als die bisherigen PROSANOVA Generationen – aber auch wir sind da nicht fertig geworden.
Und woran liegt das? Dass man sie nicht findet, die diverse Literaturszene?
PROSANOVA ist eben immer noch Teil des Literaturbetriebs ist. So gerne wir auch die BELLA als unabhängige Literaturzeitschrift haben, natürlich heizen wir den Motor mit an und natürlich schöpfen wir letztlich auch aus den gleichen klassischen Betriebsverhältnissen und -feldern – und das sind Agenturen, Verlage, Lesereihen. Wir haben einfach noch sehr viele nicht diverse Programme gefunden. Dazu kommt natürlich auch, dass wir selbst noch nicht genug Dinge entlernt haben. Wir sind selbst natürlich auch geprägt von einem weißen, in der Regel finanziell abgesicherten und bildungsbürgerlichen Kanon. Das ist ja nicht nur eine Frage von Rassismus, es gibt auch noch Klassismus, Ableismus – diese -ismen kennen, glaube ich, die Hildesheimer Kreise und die kennen auch große Teile der Bubble, die das PROSANOVA rezipiert.
Wenn du daraus eine Grundsatz destillieren möchtest, könnte man sicherlich sagen: Wir haben jetzt diese Bühne und diese Plattform, die uns zur Verfügung steht, möglichst vielen verschiedenen Leuten geben können. Wir wollten ein Programm haben, das sich anfühlt, als wäre es auf dem Weg zu einem fairen Literaturbetrieb. Mehr wäre anmaßend. Ich glaube, dass das schon ein Grundsatz ist.
Wie seid ihr im Team darauf gekommen, dass das eure Hauptintention ist, so divers wie möglich den Leuten eine Bühne zu geben, die sonst keine haben?
Ich finde es gar nicht so gut zu sagen, dass das unser einziges Thema oder die Hauptarbeit ist, die wir machen. Ich glaube, es ist im Moment wichtig zu sagen, dass das vielleicht das Hauptanliegen der aktuellen PROSANOVA Generation ist. Das Ziel sollte aber sein, dass das Thema implementiert ist in den Strukturen!
Als kleine Erläuterung: Das letzte PROSANOVA hatte eine relativ deutliche feministische Agenda beziehungsweise ein Festivalprogramm, in dem schon viel mehr Frauen waren. Nach dem Motto „Das können nicht nur diese ganzen weißen Männer sein“. 2017 gab es wirklich sehr explizite Diskurse darüber, natürlich auch wegen #MeToo.
Wir haben dieses Jahr für uns entschieden, dass wir das nicht noch einmal groß auf der Bühne diskutieren wollen, sondern so weit wie möglich in unseren Team-Strukturen implementiert umsetzen. Und nur so, glaube ich, kann sich der Betrieb verändern, indem wir sagen: Unsere beiden Technikfrauen sind eben Technik-FRAUEN. Und ich finde es als Mittel zum Zweck okay, wenn jetzt im Nachhinein immer klar ist: Wir sind die Generation, die das als Thema hatte. Ich würde mir aber wünschen, dass die nächste das dann nicht mehr als Thema braucht.
Wir sind keine Feier-PROSANOVA-Generation. Es ist super viel wert einfach zu sagen: Diese Texte feiern wir so krass und wir wollen einfach vier Tage eine einzige Worte-Party haben. Ich kann mir vorstellen, dass das Ganze schon – weil wir viel von Missständen ausgegangen sind – vielleicht ein bisschen ernst ist. Trotzdem sind aber einige Formate – wo zum Beispiel einfach die Autor*innen miteinander reden – ganz funny geworden.
Aber nicht, dass das jetzt falsch ankommt: Wir sind trotzdem immer noch von den Texten ausgegangen. Bei uns ist sozusagen alles, was wir ausgewählt haben und alles, was wir feiern etwas, das wir für die Texte und die literarische Arbeit feiern. Aber es gibt trotzdem diesen Ernst dabei, ja.
Was hat es mit Glätte und Reibung auf sich? Wer hat sich das ausgedacht und wieso und was heißt das?
„Glätte und Reibung“ hieß in der allerersten Idee „Glätte und Widerstand“. Aber dann war Widerstand irgendwann nicht mehr so passend, weil sowohl „Glätte“ als auch „Reibung“ ja ganz eindeutig Oberflächen-Phänomene sind. Wir sehen auch eine ganz gute Möglichkeit in dieser Begriffs-Opposition, sich sowohl mit der Textur des Textes – also der Textoberfläche – zu beschäftigen, als auch in die Tiefe zu gehen. Inhaltlich einzusteigen, zu schauen, ob diese Texte eigentlich Position beziehen oder ein ganz anderes Interesse haben. Aber für uns interessant war die Frage: Soll sich Literatur eigentlich einmischen und intervenieren? Was ist mit Intervention und Literatur, geht das irgendwie zusammen oder haben die gar nichts miteinander zu tun? Ist eine Weise von Glätte in der Literatur – gerade jetzt im Bezug auf Digitalität – vielleicht voll der interessante, neue Anhalts- und Gesichtspunkt? Und dann ist es natürlich so, dass das Thema für alle ein bisschen einen anderen Drall hat – das heißt, diese Antwort, die ich dir hier gebe, die ist variabel.
Magst du einmal euch sechs vorstellen? Wer seid ihr eigentlich und wie ist die Aufgabenverteilung bei euch?
Wir alle studieren an der Domäne; Zwei machen den Kulturwissenschafts-Bachelor, zwei machen den Kreatives Schreiben-Bachelor und zwei machen den Literarisches Schreiben-Master. Wir alle haben also Literatur im Studium.
Elske war eigentlich zuständig für den Raum, ist zuständig gewesen für die Party und hat jetzt – wo alles anders ist – auch mit dem digitalen Raum zu tun, weil sie die ganze Kommunikation übernimmt für den Aufbau der neuen Website. Außerdem macht sie Social Media und hat da richtig viel zu tun.
Carla macht mit Judith für die BELLA das Finanzressort, das spielt natürlich für das PROSANOVA auch eine große Rolle. Die beiden haben alle Anträge geschrieben, sind in Kontakt mit den Stiftungen und sagen uns, dass wir noch Geld haben oder dass wir keines mehr haben. Carla ist außerdem die Frau für Infrastruktur – sie hätte sich um Essen und Klos [lacht], also Materiallogisti beim analogen Festival gekümmert. Jetzt ist sie zuständig für die digitale Infrastruktur. Sie organisiert zum Beispiel, wann welches Mikro bei welcher Autor*in sein muss oder wann welche Autor*in unser Basic Kamera Set weiter schickt….
Judith ist unsere Finanzbeauftragte und ist außerdem für die Künstler*innen-Betreuung zuständig. Sie hat ansonsten auch den Überblick über unseren Produktionsplan.
Selma ist unsere Teambeauftragte. Das ist auch ein Ressort, das wichtiger gewesen wäre, hätten wir ein tatsächliches Gelände gehabt. Da wäre es nämlich ganz viel darum gegangen, Schichtpläne zu machen, Ansprechperson zu sein und sich um eine gute Stimmung im Team zu kümmern. Das Team-Ressort hat sich auch darum gekümmert, dass wir am Anfang ein schönes Kick-Off hatten – damals, als das noch ging – und alle sich kennengelernt haben. Selma ist daneben noch für die Doku zuständig, die es hoffentlich nach dem Festival geben wird.
Simoné macht Öffentlichkeitsarbeit, Presse, hier betreut sie auch unseren Podcast, und Marketing beziehungsweise das Merchandising. Sie hat auch zum Teil die Website gemacht, weil sie das by the way auch noch kann.
Das Marketing ist auch etwas, das anders gelaufen wäre. Das hätte mit Plakaten in Hildesheim zu tun gehabt und mit einer Idee, wie man Personen aus der Stadt ran holt. Das ist jetzt in dieser Online Version hundertmal schwieriger – weil ja jetzt niemand durch die Innenstadt läuft und plakatiert oder mit einem Megafon rumsteht und ruft: „Hey, kauft euch alle einen Zugang.“ Das ist zu abstrakt, dafür hätte es unbedingt hier vor Ort stattfinden müssen. Da waren wir auch echt motiviert und hatten schon einiges überlegt, wie wir mit dem großen Team da Aktionen machen, das ist jetzt passé.
Jetzt kommen wir noch zu dir. Was machst du?
Ich bin zum Beispiel zuständig für das „Artist in Residence“ Programm und den “Text-streich” Wettbewerb. Dann mache ich noch das Schul-Vermittlungsprogramm. Das hat sich natürlich auch total verändert, weil die Schulen nicht mehr da waren… Und das Ticketing, also den Einlass, mache ich auch.
Wir haben noch jeweils seit Januar Praktikant*innen, die uns da gut unterstützen, uns Arbeit abnehmen und die auch ganz schön darunter leiden, dass jetzt einiges wegfällt. Alle dachten – was ja so cool ist am Festival – dass man zusammen auf dem Gelände viel macht und Ergebnisse sieht und auch viel mitkriegt was insgesamt passiert.
Und ihr habt im Team alle irgendwas mit der BELLA zu tun richtig? Muss man bei der BELLA sein um beim PROSANOVA mitmachen zu können? Und andersrum, bewirbt man sich da einfach oder wie macht man das?
Bisher war es immer so, dass das PROSANOVA Team sich mindestens teilweise auch durch die BELLA-Arbeit gefunden hat. Das liegt einfach auch in der Struktur, weil man alle Fördergelder immer über einen Verein beantragen muss und die BELLA als gemeinnütziger Verein ist in diesem Sinne immer Trägerin des PROSANOVA Festivals. Deshalb ergibt es immer durchaus Sinn, dass es da personelle Überschneidungen gibt.
Es ergibt auf eine Art auch inhaltlich Sinn, weil natürlich die BELLA-Arbeit Einblicke in junge deutsche Gegenwartsliteratur gibt. Es ist aber immer eine krasse Doppelbelastung. Wie gesagt, es gibt wirklich einige problematische Strukturen. Diese ganze Arbeit muss man sich auch leisten können. Einige aus dem Team arbeiten auch noch parallel, aber das ist nicht in dem Maße möglich, wie es ohne diese beiden unbezahlten Jobs wäre.
Kannst du uns mehr zu den Kooperationen und Wettbewerben erzählen, die du mit organisiert hast?
Den „Artist in Residence“-Leuten werden wir eine Textwerkstatt zur Verfügung stellen. Aber zum Beispiel ein Sprech-Workshop, den wir organisiert hatten, wird nicht stattfinden können – weil das über Zoom nun mal nicht funktioniert. Dann habe ich mit einer Initiative aus der Schweiz – also zwei jungen Frauen, die das initiiert haben – den „Text-streich“ Wettbewerb organisiert. Da konnten drei Autor*innen gewinnen, dass sie sowohl in der Schweiz bei dem „Literaare“-Festival als auch bei uns lesen können; in der Schweizer Literaturzeitschrift “das Narr!” und bei uns in der BELLA publizieren können und dann auf eine Tour gehen. Also mit einem Wettbewerb wirklich eine ganz schön große Sache gewinnen. Leider haben wir kein österreichisches Festival gefunden, das passte und das mitmachen wollte. Das heißt aus dem Drei-Länder-Lyrik-Wettbewerb ist ein Zwei-Länder-Lyrik-Wettbewerb geworden.
Könntest du nochmal dieses Schulprogramm erläutern?
Wir haben ein Workshop-Angebot für Schulen entwickelt, welches über einen gewissen Zeitraum gehen sollte. Dafür haben wir super viel Werbung an den Schulen gemacht und waren sehr, sehr aufdringlich [lacht]. Das muss man aber auch sein – das Schulwesen ist schon wirklich erstaunlich träge und das Aufdringlich-Sein war leider erstaunlich wenig ergiebig. Wir hatten dann am Ende fünf Schulen aus Hildesheim, die Interesse hatten. Dann kam Corona und alles ist zusammengebrochen. Also relativ kurz bevor wir mit den Workshops anfangen wollten, hat einfach keine Schule mehr stattgefunden. Dann haben wir alles nochmal umgeplant und haben das als Online-Werkstatt angeboten.
Dabei ist das eigentlich so ein cooles Angebot.
Ja, die Workshops und die Werkstatt die wir gegeben haben, waren wahnsinnig toll – das waren motivierte Schüler*innen, die auch tolle Sachen geschrieben haben. Die werden wir auch auf der Website zeigen – das heißt, man kann sich dann auch ein bisschen angucken, was da entstanden ist.
Ich hab jetzt noch so zweieinhalb privatere Fragen. Mich würde einmal noch interessieren, was du persönlich vielleicht nach der Uni machen willst und was dir die Arbeit am PROSANOVA und in der BELLA dabei vielleicht bringt?
Ich hab in dem Jahr festgestellt, dass mir diese Art – also kuratorisch zu denken – Spaß macht. In kürzester Zeit Inhalte zu setzen oder einen Rahmen zu geben für einen intellektuellen Diskurs – wie ein Festival Thema – das finde ich toll. Oder ein Thema zu setzen für die Sonderausgabe und dann gezielt Leute dafür anzufragen. Ich glaube, dass geschickte Kuration es durchaus schaffen kann, Dinge, die erst mal nicht unbedingt so viel miteinander zu tun haben, in so einen super fruchtbaren Austausch miteinander zu bringen – da einen Raum zu schaffen und danach andere weitere künstlerische Werke, Positionen oder Leute, deren Arbeit man einfach so erst mal interessant findet, anzufragen und auszuwählen.
Ich glaube, das würde ich gerne machen. Ich weiß aber leider nicht, wo das wirklich geht, ohne dass es immer diese unbezahlte Projektarbeit ist.
Und ich weiß auch nicht, wie das ohne die Orga geht, die man* aber wahrscheinlich immer mitkaufen muss. Ich fände es dann schon interessanter, ein Editorial schreiben zu dürfen, als den Versand zu machen. Dafür hab ich natürlich ultra viel gelernt. Wenn ich jetzt weiß, am Samstag müssen wir unsere Eröffnungsrede fertig haben, habe ich inzwischen ein gewisses Vertrauen entwickelt: Das kriege ich bis dahin schon irgendwie hin – da kann ich aber immer auch auf die anderen im Team setzen.
Du hast gesagt, du bist schon fast fertig mit dem Studium, machst du jetzt nur noch deine Masterarbeit?
Genau dann im fünften, dran gehängten Semester. Und ich bin natürlich auch weiter an meinem Projekt dran – im Master haben wir ja alle ein Schreibprojekt, also einen Roman – der jetzt natürlich auch schon seit drei Wochen pausiert, weil ich gar nicht mehr dazu komme. Aber das ist so diesen Sommer und Herbst das Nächste: Zu dem Projekt zurück zu kommen und das vielleicht sogar fertig zu schreiben. Und dann die Masterarbeit.