In Happy Place geht man mit seiner Kindheit in den Baumarkt oder wird heimlich beobachtet vom Steuersystem durch das gekippte Fenster. Man lässt sich von seinem Computer fragen, ob man ein Roboter sei, oder ist Teil einer Band von Mäusen. Die Realitäten verschwimmen und die Grenzen zwischen Traumwelt und Gedanke sind porös geworden, sind fließend, so dass man von dem, was man liest, rein gar nichts mehr zu glauben vermag – oder man glaubt eben einfach alles.
„In meinem Traum wird mir das Tagesgericht serviert. In meinem Traum… Und generell im Leben… Bin ich kein wählerischer Gast“
Max Baitinger in Happy Place – erschienen bei Rotopol 2020
Happy Place erzählt Geschichten vom Fantasieren und Ausufern. Von Begegnungen, die skurril sind, erkenntnisreich oder belehrend. Vom ganz normalen sich Verrücktkreisen der eigenen Gedanken. Philosophischer Lebensratgeber, literarische Praline, all das mag es sein, für mich aber, geht es in Happy Place vor allem um die Frage nach dem Träumen und Nicht-Träumen. Um die Erkenntnis darüber, dass Leben und Träumen manchmal gar nicht so fern voneinander liegen.
Trotz der deliriösen Stimmung in Happy Place, in der die Gedanken zu fluten beginnen und zu mäandern, schafft Max Baitinger es sowohl bildsprachlich als auch textlich eine unglaubliche Klarheit beizubehalten.
Seine Klarheit liegt in den Farben, einer Palette von vier Sonderfarben, die pure Wohlfühlfarben sind, voll, gesättigt und ruhig. Aber sie findet sich auch in seiner Wortwahl wieder. Da ist jedes Wort gestochen scharf und was es nicht sagt, spricht das Bild dafür weiter. Im Grunde scheint alles an diesem Comic subtil und zurückgenommen und trotzdem gelingt es ihm völlig zu vereinnahmen mit seiner Farbpracht, der reduzierten Genauigkeit seiner Sprache, oder dem, was verborgen liegt zwischen Text und Bild, was einen zum Schmunzeln bringt oder zum Lachen. Das ist dann nicht zwischen den Zeilen lesen, sondern zwischen zwei Medien.
„Der Weg des Lebens sei voll spitzer Steine, sagt er. Diese zertrampelst du dann Schritt für Schritt zu Sand. Den kriegst du in die Augen und die Hose – aber hey! Du hast es bis ans Ende geschafft sagt er.“
Max Baitinger in Happy Place
Happy Place trifft millimetergenau diesen einen Längengrad: das Spannungsverhältnis zwischen Nichtigkeit und Wichtigkeit der Dinge.
Und das ist auch, was es beim Lesen auslöst.
Ein Gefühl von Balance.
Einerseits die Klarheit, die Gewissheit darüber den Überblick zu behalten, über die Dinge und gleichzeitig dieses Ziehen hinein in einen Zustand der bedingungslosen Entspannung und Zufriedenheit. Da braucht es nichts weiter als einen selbst und den Comicband auf den Knien. Das hat dieselbe Wirkung wie reifes Obst oder wie lauwarme Pools, wie Seventies in der Karibik oder ein frisch bezogenes Bettzeug.
„Schließlich machen wir uns auf die Suche nach einem besseren Ort. Einem Ort, der uns alle glücklicher macht. Wo wir von vorne beginnen. Und immer ganz bei uns selbst sind. Wo wir nicht arbeiten. Sondern schaffen. Und uns zu unserer inneren Ruhe beglückwünschen, wenn wir sie finden.“
Max Baitinger in Happy Place
Darin liegt vermutlich das Geheimnis von Happy Place.
Zu sein, was es verspricht. Der glücklichste Ort zum Verweilen.