Zäune
Foto von Serena Koi von Pexels

Hinter den Zäunen

Ich träumte heute Nacht, Georg würde mich durch das Werk führen. Entlang von Stahltreppen, Gitterpfaden und Sicherheitsgerüsten verlief ein Geäst aus hunderten, vielleicht tausenden Rohren, die zu Kesseln und verschiedenen Silos führten. Georg nuschelte etwas, kaum konnte ich es verstehen, vielleicht waren es Erklärungen der Funktion verschiedener Gerätschaften, manchmal aber wirkte es, als würde er mich darum bitten, sie ihm verständlich zu machen. Da lächelte ich kurz über seine Naivität. Ob ich ihm die Bürogebäude zeigen sollte? Sie sind im Inneren, sozusagen im Herzen der Anlage, direkt in den Silos. Auf vier verschiedene Ebenen verteilt, von Assistenten und Helfershelfern bewacht, die wuselnd durch die Gänge flattern, findet sich hier das Zentrum der Produktion: der kreative Dampfkessel. Die Wände waren durchsichtig, die Abteilungen in genaue Planquadrate unterteilt.


Dieses Jahr waren die Pollen des Fingerhutes fleckig und breit wie verronnene Tinte.


Die Drohne fand sie mit ausgestreckten Armen an der Spitze einer Aufschüttung von Kies. Der Staub des Steines hatte sich in ihren Haaren festgesetzt und bildete feine graue Flocken. Um ihren Hals wand sich ein karmesinroter Seidenschal. Wären ihre Augen offen gewesen, hätten Lukas grüne Lichter entgegen gestiert.


Zuerst ist ein Surren in der Luft.

Vielleicht einen halben Meter über mir schwebt eine schwarze Box, deren Kontur im Nachthimmel verrinnt.

„Hallo“, nicke ich.

Ganz sicher kann ich mir nicht sein, aber kurz sackt sie ein, als würde sie zurücknicken.

Dann dreht sie um, zunächst langsam, dann schneller: Ich muss laufen, um Schritt zu halten.

Um mich herum, schrumpfen die Häuser, bis nur noch ein isoliertes Schrebergartenhaus verbleibt.

Vor der Tür steht ein Junge, er deutet mir, hereinzukommen.

Die Kammer ist winzig, auf den Böden stapeln sich Ausdrucke, Zeichnungen, Fetzen.

Kaum kann ich atmen.

„Du verunreinigst also meine Bilder.“

„Ich konnte das nicht wissen. Entschuldigung.“

„Der Schaden ist angerichtet, du siehst ja …“

„Nein.“

Er seufzt.

„Kannst du nicht einfach verschwinden?“

„Das habe ich versucht.“

„Und?“

„Sie halten mich fest.“

„Das Übliche also?“

Und einen Moment lang schwingt in seiner Stimme Ruhe und ein Hauch von Verschmitztheit mit.

„Weißt du, der Mensch hat so lange in den Sternenhimmel geschaut und begehrt. Und als wir begriffen, dass er uns nicht gehört, haben wir das Spiel umgedreht. Wir haben die Sterne auf die Erde verbannt. Nun stecken sie mit uns hier fest, und weder wissen sie mit uns, noch wir mit ihnen recht etwas anzufangen.“

Bild mit freundlicher Genehmigung von Serena Koi