
Es ist Sonntagabend und ich bin früh ins Bett gegangen, um mich auf die Woche vorzubereiten – an Wochentagen stehe ich immer extrem früh auf, nämlich um Punkt 13:30 Uhr. Es ist wichtig, einen Rhythmus zu haben, habe ich letzten Winter in einer Ausgabe der „Karen“ gelesen. In der „Karen“ stand auch, man solle vor dem Schlafen gehen meditieren und generell viel Obst und Gemüse essen. Bevor ich allerdings herausfinden konnte, warum diese und andere Dinge wärmstens empfohlen werden, hat mein Dinosaurier meine Zeitschrift gefressen und mich dazu gezwungen, unverhältnismäßig anstrengende Push-Ups zu machen, während Kupernikus es sich zwischen meinen Schulterblättern bequem machte.
Während ich im Bett liege, denke ich darüber nach, was ich im Internet über Meditation und Traumreisen gelesen habe und schließe die Augen. Irgendwo im Hintergrund höre ich die Schnarchgeräusche von Kupernikus und Brutus, die in ihren selbstgebauten Betten liegen – insofern man das als Betten bezeichnen kann.
Mein Atem wird ruhig und langsam. In meinem Kopf tanzen Birk und ich ohne mehrere hundert Meter Sicherheitsabstand über eine Wiese, die nach frischen Blumen duftet anstatt nach Desinfekt. Warme Sonnenstrahlen liebkosen meine Haut, anstatt sie zu verbrennen. Ein Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus. Ich denke an die Filme und Serien von früher, in denen es so aussieht, als sei ein solches Leben tatsächlich möglich gewesen. Es fällt mir zunehmend schwerer, mich zu konzentrieren und ich merke, wie ein tiefer Schlaf mich-
Ich reiße die Augen auf und sitze plötzlich kerzengerade in meinem Bett. Mein Kopf dreht sich beinahe mechanisch zu dem geöffneten Fenster. Ungläubig grabe ich mich unter meiner Decke hervor, steige wie in Trance auf meinen Nachttisch und klettere durch das Fenster nach draußen vor meinen Bauwagen. Von dort erkenne ich ganz deutlich die bunten Lichter, die vom Hügel meines Nachbarn in den Nachthimmel strahlen und höre die wummernden Bässe noch lauter.
Ich lege die Hände um meinen Mund wie einen Trichter. „RUHE!“, brülle ich in der Hoffnung, dass er mich trotz seiner Ein-Mann-Party hören kann. „MANCHE LEUTE MÜSSEN UM HALB ZWEI AUFSTEHEN, UM IHREN DINO ZU FÜTTERN!“
Dino Distancing ist ein ursprünglich auf Instagram veröffentlichter Webcomic von Freya Petersen (Bild) und Casjen Griesel (Text), der die Geschichte von Findus und seinem Dinosaurier Brutus erzählt. Die beiden (und ihr weltherrschaftsherrlicher Hamster Kupernikus) versuchen, in einer Welt voller Karens, hotter Werwölfe, Sailor Moon Moms und Social Distancing zu überleben. Ab jetzt auch auf Pfeil&Bogen!